Cover des Buches Unbekannt verzogen (ISBN: 9783458359166)
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Rezension zu Unbekannt verzogen von Tom Winter

Eine liebevoll geschriebenes Buch, das mich leider nicht ganz überzeugte..

von Tantschina vor 11 Jahren

Rezension

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Tantschinavor 11 Jahren
Mein Leben ist ein Schokoladensoufflé. Man bemüht sich stundenlang damit rum und wenn man es aus dem Ofen Mein Leben ist ein Schokoladensoufflé. Man bemüht sich stundenlang damit rum und wenn man es aus dem Ofen holt, sieht es aus wie eine zermanschte Katze. Carol

Carol hat es satt: das ewige Gejammer ihres wehleidigen Mannes, die schlechte Laune ihrer halbwüchsigen Tochter, das triste Leben im Reihenhaus. Sie will weg, nach Athen, wo sie früher einmal glücklich war. Aber das Schicksal macht ihr gründlich einen Strich durch die Rechnung.
Statt die Sonne vor dem Parthenon zu genießen, schreibt sie sich ihren Frust nun in Briefen "ans Universum" von der Seele - und die landen auf dem Tisch des einsamen Postmannes Albert, der bald wissen will, wer die anonyme "C." ist. Er macht sich auf, Carol zu finden...

Tom Winters erster Roman "Unbekannt Verzogen" ist ein herzerwärmender, liebevoll und einfühlsam geschriebener Roman, der von zwei Personen handelt, die verschiedener nicht sein könnten und doch eine Gemeinsamkeit haben: sie wollen weg. Weg aus ihrem tristen Alltagsleben, aus der ausweglosen Situation, in der sie stecken, sie wollen raus aus ihrer Haut. Auf knapp 280 Seiten geht der Leser diesen schweren, unmöglich scheinenden Weg zusammen mit den beiden Protagonisten, die mit den Tücken ihres Lebens kämpfen müssen...

Carol ist eine liebende Mutter und fürsorgliche Ehefrau. Besser gesagt, das komplette Gegenteil davon. Während sie von ihrer intelligenten Tochter ignoriert wird und von ihrem Mann tagtäglich genervt wird, bricht ihr langsam das Dach über dem Kopf zusammen. Sie möchte raus aus ihrem traurigen Leben, dass sie sich ganz anders vorgestellt hatte. Immer wieder denkt sie an Richard, ihre einzige große Liebe, und plant, wie sie sich von ihrem Mann trennen wird, als dieser mit einer ärztlichen Diagnose alle ihre Pläne auf den Haufen schmeißt. Man kann doch seinen Mann nicht verlassen, wenn der soeben eine Lebensverändernde Diagnose erhalten hat.

Albert hingegen ist auf dem besten Weg in die wohlverdiente Pension. Er sieht einem Leben entgegen, allein mit seiner liebsten Katze Gloria in der kleinen Wohnung und dem grässlichen Nachbar Max, der ihm tagtäglich das Leben zur Hölle macht. Er hat große Angst davor, seinen Lebensalltag allein zu verbringen und fürchtet seinen letzten Arbeitstag. Als er auch noch von seinem gewohnten Plätzchen in der Arbeit versetzt wird und er nun in einem kleinen Kämmerchen die unzustellbare Post sortieren soll, bricht für ihn eine Welt zusammen. Doch dann taucht zum Glück ein unzustellbarer Brief mit einem Smiley :) auf.

Winter führt in den ersten Kapiteln, die "Carol" und "Albert" genannt werden, den Leser in das Leben der beiden Hauptpersonen ein. Man bekommt einen Einblick in die ausweglose Situation und fühlt mit den beiden Figuren. Schnell findet man einen tiefen Zugang zu der Geschichte, fühlt sich in die Figuren hineinversetzt und erlebt die Geschehnisse hautnah mit. Man stellt sich oft die Frage "Was würde ich wohl tun?" oder "Wie würde ich denn handeln?". Man steckt viele Hoffnungen in die Geschichte hinein und hofft, dass es Albert noch schafft, dass er Carol findet, dass er alle Briefe bekommt. Doch was ist, wenn erin Pension geschickt wird? Was geschieht dann mit Carols Briefen?

Der einfache und flüssige Schreibstil lässt den Leser sofort in die Geschichte eintauchen und im Nu steckt man mittendrin und kann nicht mehr aufhören. Ohne mit den Augen zu blinzeln ist man bereits mitten im Geschehen, auch wenn der Anfang etwas schleppend vorranging, man sich etwas durch die Seiten kämpfen musste und vor allem bei Carol hatte man den Eindruck, dass sich ihre Geschichte immer wiederholte. Doch im Nachhinein betrachtet ist es doch genau das, was uns der Autor damit zeigen wollte: die Eintönigkeit und die Tristesse der armen Carol, die Tag ein und Tag aus immer dasselbe erlebt und macht.

Mehrmals stellt Carol sich die Frage, ob sie ihren Mann denn, der eben erst eine Diagnose erhalten hat, mit der er nicht zurecht kommt, trotz allem noch verlassen kann. In diesem Momenten stellt sich auch der Leser die Frage, ob man dies machen könnte. Was ist einem wichtiger, das eigene Glück oder der Halt für eine Person, die jeglichen Halt benötigt? Wie weit muss man sein eigenes Glück zurückstecken und muss ich für meinen Partner, den ich noch nie richtig geliebt habe, wirklich alles tun?

Trotz der fast durchwegs depressiven und negativen Stimmung, die aufgrund der Lebensumstände der beiden Hauptfiguren besteht, gibt es immer wieder Stellen, an denen man schmunzeln muss. Vor allem das Ende lässt noch eine große Bombe platzen und wird sogar noch richtig sentimental. Das Ende, meiner Meinung nach das gelungenste Kapitel des Buches, bleibt dem Leser wohl am längsten im Gedächtnis.

Auch wenn hier eine sehr alltägliche Geschichte beschrieben wird, das Leben zweier Menschen, die versuchen aus ihrem Leben auszubrechen, ist es Winter nicht gelungen mich voll und ganz damit zu fesseln. Die Figuren waren mir zwar sehr sympathisch und ich habe Albert sofort ins Herz geschlossen, doch trotz alldem, kann ich leider nicht sagen, dass das Buch mich gefesselt und geflasht hat. Es hat mir gefallen, doch das war es leider auch schon.

3 von 5 möglichen Punkten: ein einfühlsamer und vor allem mitfühlender Roman, der den Leser in eine melancholische Stimmung versetzt und der von zwei Figuren handelt, die glauben, ihr Leben könnte im Moment nicht schlimmer sein. Der Aufbau ist zwar sehr gelungen, allerdings gab es zu viele Stellen, die meine Leselust beeinträchtigt haben. Viel zu oft habe ich das Buch weggelegt und wollte es kaum wieder zur Hand nehmen. Ein schönes und zugleich trauriges Buch, man hofft und fühlt mit den handelnden Personen mit. Tom Winters Erstlingswerk konnte mich leider nicht ganz überzeugen, da Spannung und Handlung leider sehr seicht sind, da es zum Ende hin jedoch etwas besser wurde und vor allem das Ende für mich das Highlight war, gibt es noch 3 Punkte.
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