Cover des Buches Schlachttag (ISBN: 9783869135823)
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Rezension zu Schlachttag von Tommie Goerz

Fränkisches Krimierlebnis mit verstecktem Feingefühl

von Gela_HK vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Durch echte Charaktere wird ein spannendes Szenario inszeniert, das durch spitzfindigen Humor, aktuelle Thematik und Tiefe beeindruckt.

Rezension

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Gela_HKvor 8 Jahren
Ein Wanderer macht in der Fränkischen Schweiz eine furchtbare Entdeckung. Mitten im Wald liegt eine männliche, fast unkenntlich zugerichtete Leiche. Doch nach Verständigen der Polizei, ist der Körper verschwunden. Kommissar Friedo Behütuns ermittelt nach Bauchgefühl und kommt einem über 20 Jahre zurückliegenden Vermisstenfall auf die Spur. Die fränkische Redseligkeit endet abrupt, sobald die Sprache auf die vermisste Person gebracht wird. Wenig später tauchen Teile einer Frauenleiche in einem Waldstück auf. Das Ermittlungsteam steht vor einem Rätsel, bis Behütuns während eines Schlachttages auf einem Bauernhof aufschlussreiche Informationen erhält.

Tommie Goerz hat mit diesem sechsten Fall des Nürnberger Ermittlers Friedo Behütuns einen besonders feinfühligen und ehrlichen Krimi geschrieben. Auch wenn man die vorherigen Bände nicht gelesen hat, wird man schnell warm mit dem ungewöhnlichen Kommissar. Das Cover einer deftigen Schlachteplatte weist schon auf die besondere Thematik hin. Rund um einen Schlachttag auf einem fränkischen Bauernhof wird die eigentliche Handlung aufgebaut. Für zartbesaitete Leser und Vegetarier dürfte das Lesen eine Herausforderung sein, die sich aber auf jeden Fall lohnt. Es gibt viel Wissenswertes über den Ablauf einer Schlachtung mit all seinen unangenehmen und appetitlichen Seiten. Die wenigsten Fleischkonsumierer werden noch wissen, wie eigentlich das Schnitzel auf den Teller kommt:

...Kein Schwein geht freiwillig in den Tod..., wie der Metzger nach der Schlachtung es treffend formuliert.

Mehr als die Schlachtung hat mich aber Friedo Behütuns Geschichte gefangen genommen. Ein Schicksalsschlag trifft ihn unvorbereitet und mit voller Wucht und zeigt eine ehrliche Trauer, die sicher keinen Leser unberührt lässt. Der Autor versteht es mit viel Feingefühl und sprachlicher Dichte ein unglaublich spürbares Gefühl zu vermitteln. Das Team des Kommissars reagiert beeindruckend empathisch und hilft Behütuns einen Weg zurück in den Alltag zu finden. Nicht zuletzt durch die Unterstützung einer kleinen Haustierratte, die manch einer Nebenfigur die Show stiehlt.

Fast vergisst man, dass es sich ja eigentlich um einen Krimi handelt. Die Spurensuche und das Zusammenführen verschiedener Fälle gestaltet sich schwierig und so ist man ganz auf die Unterstützung von Zeugen angewiesen. Besonders gefallen haben mir die Wirtshausszenen, in denen Behütuns ganz unspektakulär, dafür aber offen und glaubhaft in fränkischer Mundart Informationen sammelt. Als Nichtfranke hatte ich meine Probleme, längere Passagen auf Anhieb zu verstehen. Der Tipp des Autors Dialektpassagen langsam und laut zu lesen, hat tatsächlich geholfen.

Mit viel fränkischem Lokalkolorit, Dialekt und echten Charakteren wird ein spannendes Szenario inszeniert, das durch spitzfindigen Humor, aktuelle Thematik und Tiefe beeindruckt. Der Gedankensprung von tiefster Provinz ins politische Weltgeschehen gelingt spielend und lässt viel Raum für eigene Gedanken.

Mich hat auch dieser Krimi wieder voll begeistert und als Behütuns-Fan hoffe ich natürlich auf einen siebten Fall.
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