Cover des Buches Die Sünde (ISBN: 9783954281329)
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Rezension zu Die Sünde von Toni Feller

Die Sünde

von fredhel vor 10 Jahren

Rezension

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fredhelvor 10 Jahren


Kriminalhauptkommissar Nawrod wird von Stuttgart nach Heidelberg versetzt, um nach allzu forschem wenn auch äußererst erfolgreichem Durchgreifen am Rande der Legalität aus der Schusslinie der Politik und Presse zu kommen. Hier wird er der Polizeianwärterin Nesrin Yalcin zugeteilt. Zusammen ermitteln sie gegen einen brutalen Geiselnehmer, der seine Opfer stückchenweise an Nawrod schickt. Die Zeit drängt, denn der Tod der zweiten Geisel ist in Kürze zu erwarten, doch das Team wird von dem Fall abgezogen und suspendiert.
Um es vorweg zu sagen: dieses Ermittlerduo ist mir sowohl unsympathisch als auch suspekt. Nawrod ist der typische Einzelgänger. Nur er hat den Durchblick, nur er kann die Welt retten. Privat hat er einen heftigen Absturz hinter sich, seine Ehe liegt in Trümmern, weil der Beruf immer an erster Stelle stand und hinzu kam noch ein Alkoholproblem, das nun scheinbar überwunden ist. Seine Frau lebt mit Tochter nun in einer neuen Beziehung. Das kann er nicht akzeptieren. So ein Verhalten finde ich in allen Punkten schrecklich.
Yalcin ist für mich eine Figur, die nicht in sich stimmig ist. Einmal ist sie ein moderne Muslima, die in den Polizeidienst strebt. Vom Umfeld (Wohnung, Beziehung zu den Eltern) ist sie sehr konservativ, vom Auftreten her (Sprache und Fahrstil) empfinde ich sie als dümmlich tussihaft und zu guter Letzt ist sie eine begnadete Computerhackerin, was ja eigentlich einen hohen IQ erfordert. Diese vier Charakterzüge finden in dem Roman nicht zu einem einheitlichen Gesamtbild. Die Dialoge mit Nawrod sind hölzern und verkrampft auf jugendlich getrimmt.
Davon einmal abgesehen ist "Die Sünde" von Toni Feller ein Pageturner. Die Ermittlungen führen in höchste kirchliche Kreise, die lange Zeit ihre schützende Hand über ihre pädophilen Priester halten konnte. Das Thema ist so brisant und so aktuell wie eh und je. Man kann gar nicht oft genug den Finger auf die Wunde legen, zeigen wie gut organisiert diese Kinderschänderringe funktionieren. Die Kirche dient hier nur als ein Beispiel. Wenn man unter Pädagogen, Juristen oder Handwerkern sucht, oder sonst wo, jede Gesellschaftsschicht ist durchseucht.
Ich habe Nawrod vorhin sehr kritisiert, aber ich habe Hochachtung davor, dass ihm der Schutz Unschuldiger über alles geht, über seine Reputation, über sein eigenes Leben. Wenn man selbst in Not ist, dann braucht man Leute wie Nawrod.
Ich gebe eine ganz klare Leseempfehlung für diesen Krimi. Trotz seiner Schwächen ist er sehr spannend erzählt. Man befindet sich sofort mitten im Geschehen und will unbedingt wissen, wie es weitergeht.
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