Rezension zu Das Chalet der Erinnerungen von Tony Judt
Erinnern um weiterleben zu können
von Schelmuffsky
Rezension
Schelmuffskyvor 9 Jahren
Vor ein paar Jahren hatte ich Judts großartiges, kleines Büchlein Dem Land geht es schlecht. Ein Traktat über unsere Unzufriedenheit gelesen, eine Auseinandersetzung mit den zerstörerischen Folgen der Finanzkrise und des in jeder Beziehung entfesselten Kapitalismus.
Auch Das Chalet der Erinnerungen ist wieder ein schmales Bändchen und doch fundamental. Tony Judt starb im August 2010 an Amyotropher Lateralsklerose (ALS), einer Krankheit, die man seinem schlimmsten Feind nicht wünscht. Vor einem Jahr ist in meinem näheren Umfeld jemand daran gestorben. Die Muskeln gehorchen erst in der Peripherie nicht mehr (Hände, Füße), dann schreitet die Krankheit schnell voran, Bewusstsein, Gefühle und Schmerzempfinden bleiben unberührt, zum Schluss kann man sich nicht mehr bewegen, nicht mehr sprechen, nicht mehr schlucken, sich nicht mehr äußern, weswegen man beizeiten regeln muss, was dann passieren soll. Schließlich erstickt man bei vollem Bewusstsein.
Tony Judt hat die Krankheit bereits in relativ weit fortgeschrittenem Stadium, als er beginnt, kleine Erinnerungen zu diktieren, an seine Kindheit in einem Londoner Vorort, an die Nachkriegszeit voller Entbehrungen in England, an seine Bestrebungen, zunächst den Großraum London mit langen Busfahrten zu erkunden, von denen seine Eltern nichts ahnten, dann immer weiter in die Welt hinaus, später ein Kosmopolit im besten Sinne, immer ein "Selbstdenker", der sich keinen akademischen Moden unterwirft, gleichwohl Karriere als Historiker macht. Er berichtet von seiner Studienzeit in Cambridge, an der École normale supérieure in Paris, von den Etappen als Professor, von zahllosen, kleinsten, aber aufschlussreichen Wahrnehmungen, die in den verschiedensten Ecken der Welt gesammelt hat, seine Existenz als die Religion nicht praktizierender Jude, die Widerstände, die er durch seine Kritik an der Politik Israels auslöste, von Privatestem genauso wie von öffentlichen Diskursen.
Tony Judt zählt sich selbst schon nicht mehr dazu, ist es aber doch, einer der letzten großen Gelehrten, weltoffen, gebildet, multilingual, immer neugierig, ohne Tabus, ein großes Vorbild.
Ich werde auch noch die anderen Bücher von Judt lesen und empfehle dieses als Einstieg!
Auch Das Chalet der Erinnerungen ist wieder ein schmales Bändchen und doch fundamental. Tony Judt starb im August 2010 an Amyotropher Lateralsklerose (ALS), einer Krankheit, die man seinem schlimmsten Feind nicht wünscht. Vor einem Jahr ist in meinem näheren Umfeld jemand daran gestorben. Die Muskeln gehorchen erst in der Peripherie nicht mehr (Hände, Füße), dann schreitet die Krankheit schnell voran, Bewusstsein, Gefühle und Schmerzempfinden bleiben unberührt, zum Schluss kann man sich nicht mehr bewegen, nicht mehr sprechen, nicht mehr schlucken, sich nicht mehr äußern, weswegen man beizeiten regeln muss, was dann passieren soll. Schließlich erstickt man bei vollem Bewusstsein.
Tony Judt hat die Krankheit bereits in relativ weit fortgeschrittenem Stadium, als er beginnt, kleine Erinnerungen zu diktieren, an seine Kindheit in einem Londoner Vorort, an die Nachkriegszeit voller Entbehrungen in England, an seine Bestrebungen, zunächst den Großraum London mit langen Busfahrten zu erkunden, von denen seine Eltern nichts ahnten, dann immer weiter in die Welt hinaus, später ein Kosmopolit im besten Sinne, immer ein "Selbstdenker", der sich keinen akademischen Moden unterwirft, gleichwohl Karriere als Historiker macht. Er berichtet von seiner Studienzeit in Cambridge, an der École normale supérieure in Paris, von den Etappen als Professor, von zahllosen, kleinsten, aber aufschlussreichen Wahrnehmungen, die in den verschiedensten Ecken der Welt gesammelt hat, seine Existenz als die Religion nicht praktizierender Jude, die Widerstände, die er durch seine Kritik an der Politik Israels auslöste, von Privatestem genauso wie von öffentlichen Diskursen.
Tony Judt zählt sich selbst schon nicht mehr dazu, ist es aber doch, einer der letzten großen Gelehrten, weltoffen, gebildet, multilingual, immer neugierig, ohne Tabus, ein großes Vorbild.
Ich werde auch noch die anderen Bücher von Judt lesen und empfehle dieses als Einstieg!