Cover des Buches Hidschra (ISBN: 9783907496763)
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Rezension zu Hidschra von Torsten Haeffner

Stellas Geschichte und ihr Umgang mit den Kriegsfolgen

von Leseratte61 vor 4 Jahren

Kurzmeinung: das Trauma der folgenden Generationen

Rezension

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Leseratte61vor 4 Jahren

Klappentext:

Großvater war 28, als er 1939 seine Heimatstadt verließ, weil er in den Krieg musste. Und er war 42, als er 1953 aus der russischen Kriegsgefangenschaft wieder zurückkehrte. Was in diesen Jahren des Kriegs und der Gefangenschaft alles geschehen war, wusste Niemand. ‹Darüber sprechen wir jetzt nicht mehr›, war Großvaters geflügelte Antwort auf einschlägige Fragen. Gerne hätte ich einen Teil meiner Lebenszeit und alles Vermögen gegeben, hätte ich Großvater eines Abends nicht gefragt, wie es ist, einen Menschen zu töten.


Fazit:

In diesem Buch wird die Geschichte von Stella erzählt. Von ihren Eltern wird Stella zum Vorzeigekind optimiert und sie soll den Weg des Erfolges gehen, den ihre Eltern für sie vorgesehen haben. Lob und Tadel bestimmen ihre Kindheit und Jugend, Liebe können ihre Eltern ihr kaum zeigen, so kann sie selbst auch nicht von ganzem Herzen lieben. So wächst Stella heran und findet als erwachsene Frau den Zugang zu ihrem Großvater. Endlich findet sie die Liebe und Fürsorge, nach der sie sich immer sehnte. Stella wagt es eines Tages, ihren Großvater nach den Erlebnissen des Krieges zu fragen. Nach seiner Antwort bleibt Stella geschockt zurück und will mit ihrem Großvater nichts mehr zu tun haben. Ob es wieder eine Annäherung zwischen ihnen geben kann? Das müsst ihr selbst lesen, da ich nicht zu viel verraten will.

Bei den Kriegserlebnissen des Großvaters scheut sich der Autor nicht, die Szenen so bildgewaltig zu beschreiben, dass die Grausamkeit und Gewalt die damalige Zeit sehr deutlich zeigen. Auch die Folgen des jahrzehntelangen Schweigens werden sehr deutlich dargestellt. Dieses Schweigen herrscht bis heute noch in vielen Familien und viele Fragen wurden bis heute nicht gestellt und beantwortet. Beides trägt dazu bei, dass auch die heutigen Generationen immer noch unter den Folgen dieses Krieges leiden müssen.

Der Roman hat sich einem sehr belastenden Thema gewidmet, ohne den Zeigefinger zu heben und schafft es trotzdem, eine gewisse Leichtigkeit zu vermitteln. Diese Leichtigkeit entsteht durch Stellas Freundin Marianka, die mit Stella lacht und weint und dafür sorgt, dass Stella das Vergehen ihres Großvaters von allen Seiten beleuchtet. Was Marianka alles tut, um Stella zum Nachdenken zu bringen und was daraus entsteht, dass müsst ihr selbst lesen, es lohnt sich.

Die Charaktere wurden sehr gut ausgearbeitet und ich konnte ihre Gedanken und Gefühle sehr gut verstehen und nachvollziehen. Die verschiedenen Charaktere sorgten dafür, dass die Geschichte abwechslungsreich und lebendig war und zum Nachdenken anregt.

Dieses Buch wird höchstwahrscheinlich für sehr unterschiedliche Meinungen sorgen, mir hat es gut gefallen, auch wenn mir das Ende teilweise zu überfrachtet und zu weit hergeholt erschien. Es hat mich gefesselt, mit der Spannung überzeugt, aufgewühlt und berührt. Ich habe mich ständig gefragt, wie ich an Stellas Stelle handeln würde. Durch das Schweigen der Kriegsgeneration wurden deren Traumata tief im Inneren versteckt und unbewusst an die nächsten Generationen weitergegeben, die bis heute darunter leiden. Dies wurde in diesem Buch sehr gut dargestellt, so dass ich es gerne weiterempfehle.

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