Cover des Buches Nilowsky (ISBN: 9783608939712)
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Rezension zu Nilowsky von Torsten Schulz

Jugend ohne Wiederkehr

von mecedora vor 11 Jahren

Rezension

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mecedoravor 11 Jahren
Markus Bäcker zieht mit seinen Eltern an den Rande von Berlin - in die tiefste graue Stadtrandprovinz, geprägt von Chemiewerksdämpfen und vorbeiratternden Zügen auf dem nahegelegenen Bahndamm. Trist ist es, trist wie die 70er Jahre in der DDR am vergessenen Rand einer Großstadt eben waren. Doch dann lernt Markus Reiner Nilowsky kennen, den titelgebenden Protagonisten dieses schrägen Romans. Nilowsky ist anders, er spricht anders, er denkt anders, er glaubt an seltsame Dinge - eigentlich ist er niemand, den man sympathisch finden oder gar gern haben könnte. Und trotzdem übt er, vielleicht gerade wegen seiner Andersartigkeit, auf Markus eine starke Faszination aus. Markus schaut zu ihm auf, folgt ihm, will Nilowsky gefallen - er will sein Freund sein. Als er sich dann auch noch in Carola verliebt, das Mädchen, das auch Nilowsky begehrt, wird ihre seltsame Freundschaft auf eine harte Probe gestellt.

Torsten Schulz' Roman "Nilowsky" begleitet Markus Bäcker durch seine Jugend, eine triste Jugend voller seltsamer Gestalten, Erfahrungen und Begebenheiten, eine Jugend ohne Wiederkehr. "Nilowsky" behandelt das Erwachsenwerden, das Erwachsenwerden mit all seinen Problemen, widersprüchlichen Emotionen und Konflikten. Und der Roman zeigt, dass diese Konflikte und Emotionen weit über die Jahre der Pubertät hinausreichen, begleitet er Markus (und mit Markus immer auch Nilowsky) ca. 20 Jahre durch sein Leben.
Wichtige Themen sind es, die angeschnitten werden - aber oft leider nur angeschnitten. Große Emotionen werden behandelt - mir an den allermeisten Stellen aber nicht eingehend genug. Ich kann mich nur selten in die erzählten Begebenheiten einfühlen - geschweige denn mit den Protagonisten mitfühlen.

Torsten Schulz' Figuren sind schräg. Das mag ich eigentlich. Aber diese Figuren sind auf eine derartige Weise schräg, dass sie nur noch seltsam sind, nicht skurril, wie ich es mir gewünscht hätte. Sie bleiben flach, wenig charismatisch und muten bisweilen unheimlich an.

Stilistisch ist das Buch flüssig geschrieben, es liest sich gut und im Grunde auch schnell. Trotzdem habe ich für die Lektüre recht lang gebraucht, weil mich das Buch nur sehr wenig fesseln konnte und ich es immer wieder weggelegt habe.
Stellenweise, vor allem, wenn Nilowsky spricht, bedient sich Torsten Schulz eines recht außergewöhnlichen, oft telegrammartig anmutenden, Stils. Anfangs hat mich das sehr angesprochen, mit wachsender Menge dieser Textpassagen nervte es mich jedoch zunehmend.

"Melancholisch, witzig, schräg, beseelt, kultverdächtig" - so feiert der Klappentext das Buch. Melancholisch und schräg kann ich unterschreiben, den Rest - leider - nicht. Für mich blieb "Nilowsky" seltsam seelenlos, belanglos, witzlos.

Sehr positiv hervorzuheben ist bei all dieser Kritik die Covergestaltung, die mich nach wie vor sehr anspricht und ursprünglich auf dieses Buch überhaupt erst aufmerksam machte.

Schade, von diesem Buch hatte ich mir eine außergewöhnlichere und stärker nachklingende Leseerfahrung erwartet. Ich kann für "Nilowsky" lediglich 2 Sterne vergeben.
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