Dieses Zitat stammt von Charlie Munger und steht mit zahlreichen anderen in diesem Buch. Eigentlich könnte man Munger auch zum Co-Autor des Textes machen, denn gefühlt die Hälfte stammt von ihm. Aus Berichten auf Hauptversammlungen, aus Interviews und Vorträgen. Im Gegensatz zu Warren Buffett steht Munger eher im Hintergrund von Berkshire Hathaway, einer Holding, deren Börsenkurs Ende März bei knapp 213500 Dollar lag. Buffett erscheint als CEO von Berkshire, Munger als sein Vize. Doch beide sind ein unzertrennliches Duo und treffen ihre Entscheidungen gemeinsam. Über Buffett findet man einige Bücher, die seinen Weg zu einem der reichsten Männer der Welt nachzeichnen und versuchen, seine Methodik zu entschlüsseln. Nach meinem Wissen ist dieses Buch eine Premiere, denn über Munger gab es bisher ein ähnliches Werk noch nicht.
Der Kult um Berkshire Hathaway und Buffett, der auf der unvorstellbaren Entwicklung des Börsenkurses fusst, zieht Menschen scheinbar magisch an. Aus der Entschlüsselung des Erfolgsgeheimnisses von Buffett und Munger glaubt man einen Weg zu erkennen, wie man selbst auch zu großem Reichtum gelangt. Der einfachere Weg wäre zweifellos der Kauf der Aktie gewesen, neben der es übrigens auch eine billigere Variante gibt. Um es deutlicher zu sagen: Man wird auch nach dem Lesen dieses Buches nicht wirklich wissen wie Buffett und Munger im Detail vorgehen. Nicht, dass sie dies nicht sagen wollten - sie können es nicht. Warum das so ist, lernt man aus diesem Buch, wenn man es richtig liest. Eigentlich steht die Antwort bereits in der oben zitierten kurzen Aussage von Munger. Buffett und Munger besitzen zwar eine Methode, um gewisse für sie wichtige Kennzahlen von Unternehmen zu berechnen, aber diese Kennzahlen sind nur ein Teil des Entscheidungsprozesses, an dessen Ende der Kauf von Anteilen des ins Blickfeld geratenen Kandidaten steht oder eben der Verzicht darauf.
Buffett und Munger denken wesentlich mehr als sie rechnen. Und solche Prozesse lassen sich nicht in einen Text pressen und verallgemeinern. Es geht hier also nur um Prinzipien. Man lernt, wie Munger im Prinzip denkt, aber nicht wie er es in konkreten Fällen gemacht hat. Man kann so etwas zwar beherzigen und eventuell in die eigene Vorgehensweise einbauen, aber niemals genau wie Munger handeln. Dazu nämlich müsste man in seinen Kopf sehen können, sein Wesen besitzen, seinen Intellekt, seine Erfahrungen.
Wer also an Mungers Prinzipien interessiert ist, an Grundsätzen des Investierens nach Graham und seinen Modifikationen durch Buffett und Munger, der ist bei diesem Buch sicher richtig. Aber es besitzt auch einen gewissen Unterhaltungswert für Menschen, die dem Thema nah sind. Munger ist sehr klug, ungewöhnlich belesen und verfügt über einen drastischen Humor, verbunden mit der Vorliebe für klare Worte. Ein Beispiel für eine solche Aussage (Seite 114): "Wenn man es nicht schafft, die Grundzüge der Wahrscheinlichkeitsrechnung ins eigene Repertoire aufzunehmen, hat man ein langes Leben als Einbeiniger bei einem Wettbewerb im Arschtreten vor sich." Drastischer kann man einen der vielen Gründe für das Versagen vieler Menschen an den Märkten wohl kaum formulieren.
Das Buch besteht aus sieben Kapiteln und mehreren Anhängen: zur sogenannten Berkshire-Mathematik (aus der man nur lernt, dass Buffett und Munger andere als die üblichen Kennzahlen benutzen), zu sogenannten Schutzgräben (Vorteile von Unternehmen an den Märkten, wie etwa Größenvorteile, Marken oder Patente) und zu gewissen kaum von der Öffentlichkeit verstandenen Erfolgsfaktoren von Berkshire, die man in ihrer speziellen Bedeutung nicht einfach so wiederholen kann, die aber einen nicht zu unterschätzenden Synergieeffekt besitzen.
Nach einer Einführung kommt der Autor, der offenbar in Munger und Buffett wie viele andere eine Art Heilige sieht, zu "den Grundsätzen des Systems für Value-Investing nach Graham". Das ist im Sinne der Fassbarkeit noch ein einigermaßen hartes Kapitel, denn danach folgen fast ausschließlich "weiche" Themen. So geht es im dritten Kapitel um "Weltklugheit". Dahinter verbirgt sich so etwas wie die intellektuelle Herangehensweise Mungers an seine Investments aus ganz allgemeiner Sicht. Kapitel vier widmet sich der "Psychologie menschlicher Fehlurteile". Man kann aus diesen Ausführungen sicher eine Menge lernen, ob man danach allerdings ein ähnlicher Investor wie Munger wird, steht auf einem ganz anderen Blatt, denn Munger selbst hat das sicher nicht aus Büchern, sondern wohl eher in seinen Genen und aus seinen Erfahrungen. Das nächsten Kapitel dreht sich um Anlegertugenden, also gewissermaßen um das Gegenteil des Vorangegangenen.
Das sechste Kapitel befasst sich speziell mit den "acht Variablen im System für Value-Investing nach Graham". Im letzten Kapitel schließlich geht es darum, was Unternehmen brauchen. Zum Beispiel Geschick bei der Kapitalallokation, was nach Mungers Erfahrungen kaum ein CEO besitzt, weil es in der Ausbildung dieser Leute darum selten geht. Mit den oben beschriebenen Anhängen und einer Abgrenzung zum sogenannten Faktor-Investing nach Fama endet das Buch.
Wer konkrete Hinweise zum Nachmachen sucht, wird in diesem Buch ebenso wenig fündig werden wie in allen mir bekannten anderen Büchern über das berühmte Duo Buffett-Munger. Es geht vielmehr um Prinzipien und Allgemeinheiten, die aber sicher ihren Wert besitzen. Schließlich spricht der unglaubliche Erfolg dieser beiden Herren für sich. Ohne diese Prinzipien wird es also kaum gehen. Doch das ist nur der kleinere Teil ihrer Erfolgsgeschichte. Wenn man also keine überzogenen Erwartungen an dieses Buch hat, dann kann man es entspannt lesen, dennoch viel lernen und sich von Mungers Humor unterhalten lassen. Meine Bewertung versteht sich nur so.