Rezension zu Goldspur der Garben von Tschingis Aitmatow
Rezension zu "Goldspur der Garben" von Tschingis Aitmatow
von Lesebienchen
Rezension
Lesebienchenvor 16 Jahren
Dies ist eine der schönsten und zugleich traurigsten Erzählungen, die ich je gelesen habe. Am Totengedenktag begibt sich die Bäuerin Tolgonai auf ihr Feld, was sie zeit ihres Lebens bstellt hat. In einem Zwiegespräch, welches sie mit ihrem Feld hält, reflektiert sie ihr bisheriges Leben, wie sie aufgewachsen ist, eine Familie gegründet hat und schließlich, wie diese durch den einbrechenden Krieg zerstört worden ist. Eindringlich und ohne plakativ oder kitschig zu wirken schildert Aitmatow das Leben und das Leid dieser Kolchosebäuerin, welche durch den Krieg ihren Mann und ihre Söhne verliert. In leisen und einfachen Tönen formuliert der Text anhand dieser starken und mutigen Frau eine rigorose Anklage an die Schrecken des Krieges und die Ohmmacht des Menschen ihm gegenüber. Diese wirkt umso eindringlicher und nachhaltiger, da sie indirekt durch die Schilderung der Gedankenwelt Tolgonais und ihres vom tiefen Leid geprägten Lebens illustriert wird. Doch die Erzählung behandelt nicht nur den Krieg, sondern ist zudem, wie meistens bei Aitmatow, eine Hommage an die Natur. Das Feld ist für Tolgonai nicht nur Lebensmittelpunkt, sondern auch ein Richtmaß, an dem sie ihr Leben ausrichtet. Das liebevolle Zwiegespräch, welches sie mit dem Feld führt, verdeutlicht ihre zutiefst respektvolle Haltung. Diese Erzählung verschafft durch die meisterhaft-eindringliche Darstellung der Protagonistin ein Leseerlebnis, welches aufwühlt und nachhaltig beeindruckt.