Die Veröffentlichung von Luthers 95. Thesen und seine Kritik an der katholischen Kirche im 16. Jahrhundert haben die Welt nachhaltig verändert.
Anlässlich des 500. Jubiläums 2017 wird in diesem Buch in verschiedenen Aufsätzen betrachtet, wie die Reformation auf vielerlei Weise die Kirche, aber auch weltliche Institutionen geprägt hat und wie die Botschaft überhaupt aus Wittenberg über die Grenzen Europas hinaus verbreitet werden konnte.
Im ersten Aufsatz wird die Reformation von Thomas Kaufmann in ihren historischen Kontext eingeordnet. Für mich waren dabei besonders die Beschreibungen der Situation der Christen um 1600 interessant, aber auch die Rahmenbedingungen, unter der die Veränderungen damals erst möglich wurden. In seinem, wie auch in den anderen Aufsätzen, finden sich spannende Fakten. So waren zum Beispiel Philosophen wie Hegel der Reformation so zugetan, dass sie eine Revolution wie in Frankreich für die Deutschen gar nicht für nötig hielten.
In den weiteren Artikeln wird stets differenziert betrachtet, wie in der damals recht unbekannten Stadt Wittenberg die Reformation ihren Anfang nehmen konnte, wie sich der Protestantismus in der Welt ausbreitete und welche Folgen dies für die Moderne hatte. Im letzen Aufsatz beschäftigt sich Ulrike Jureit mit dem Reformationsgedenken 2017. Dabei geht sie mir ein wenig zu kritisch vor, aber liefert für ihre Einschätzungen auch gut fundierte Argumente.
Alle Artikel sind gut verständlich geschrieben und halten sich an wissenschaftliche Standards. Durch die Endnoten stößt man auch auf interessante Quellen, durch die man sich selbst weiter und tiefgehender in das Thema einarbeiten kann. In den Artikeln wird man auch nicht überinformiert und auch ein Laie wird beim lesen nicht überfordert.
Insgesamt erhält man durch die verschiedenen Aufsätze ein gutes Bild davon, was die Reformation im 16. Jahrhundert ausgelöst hat und wie sie dazu beitrug, dass Menschen nicht nur glaubenstechnisch gesehen ihre eigene Meinung äußern durften. Wer also einen wissenschaftlich fundierten Blick auf verschiedene Aspekte der Reformation gewinnen möchte, der sollte ,,Die Weltwirkung der Reformation" lesen. Gerne empfehle ich dieses Buch weiter.
Udo Di Fabio
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Udo Di Fabio
Die Kultur der Freiheit
Weltwirkung der Reformation
Die Weimarer Verfassung: Aufbruch und Scheitern
Neue Rezensionen zu Udo Di Fabio
Di Fabio setzt sich kenntnis- und gedankenreich mit Grundfragen der freiheitlichen Kultur bzw. der kulturellen Freiheit auseinander. Dabei gelangt er mit seinem bereits 2005 veröffentlichten Buch zu in vielen Bereichen akzeptablen Analysen und Prognosen. Freilich nicht immer! - Soweit er zum Beispiel die (deutsche und wohl generalisierend die christlich abendländische) Familie analysiert, kann ich ihm weitgehend zustimmen. Wenn er jedoch zum Beispiel auf Seite 105 die Ansicht vertritt, Leistung werde heute den Kollektiven und weniger den Menschen abverlangt, muss ich ihm grundlegend widersprechen: Schon der individuelle Leistungsdruck an den Schulen ist heute größer als früher; und in der Arbeitswelt entlasten uns zwar "Automaten" (nicht nur Maschinen am Fließband, sondern auch, was geistige Tätigkeiten betrifft, Suchmaschinen im Internet), doch korrespondiert mit dieser Entlastung ein gegenüber früher für jeden von uns i.d.R. quantitativ und qualitativ erhöhter Leistungsdruck. Wenn er weiter auf Seite 155 ausführt, dass "nach aller Erfahrung und volkswirtschaftlichen Einsicht" eine Gesellschaft prosperiere, wenn man ihre Märkte stärker frei lässt, dann hat ihn der Lauf der Zeiten bereits widerlegt. Die 2008 beginnenden Krisen (Bank-, Finanz-, Euro- und Wirtschaftskrise) zeigen das Gegenteil. Wer den "Machern" des freien Marktes keine Grenzen setzt, bereitet den Weg in eine unchristliche Unkultur. - Solche Beispiele ließen sich erweitern.
Fazit: Zweifellos ein wichtiges Buch des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts, weil es wichtige Fragen unserer kulturellen Existenz anspricht. Die Gefahren des Sozialstaats werden darin für meinen Geschmack allerdings überbetont gegenüber anderen Gefahren, die der menschlichen Freiheit nachteilig sein können.
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