Otto von Bismarck ist bis heute ein nationaler Mythos. Der „Eiserne Kanzler“ war von 1862 an zunächst als preußischer Ministerpräsident und ab 1871 als Reichskanzler bis ins Jahr 1890 der wohl einflussreichste deutsche Politiker. Er betrieb maßgeblich die Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 und schuf damit den ersten deutschen Nationalstaat.
Bismarck war ein Konservativer, ein „Junker“ und Reaktionär. Er erkannte aber durchaus die Notwendigkeit, politisch auf die extremen gesellschaftlichen Umwälzungen des 19.Jahrhunderts zu reagieren. Dies sollte aus seiner Sicht jedoch „von oben“ erfolgen. Seine politische Laufbahn war von zahlreichen innenpolitischen Kämpfen geprägt, gegen die Katholische Kirche (Kulturkampf), gegen die Liberalen und natürlich gegen die Sozialisten. Eine seiner berühmtesten Reden hielt er am 6. Februar 1888 im Reichstag: „Wir Deutschen fürchten Gott, aber sonst nichts in der Welt; und die Gottesfurcht ist es schon, die uns den Frieden lieben und pflegen lässt. Interessant ist an diesem Satz vor allem der Nachsatz, der oft weggelassen wurde. Denn die Außenpolitik Bismarcks war durchaus auf Ausgleich und Diplomatie bedacht. Als Ministerpräsident setzte er eindeutig die Vorherrschaft Preußens durch, u.a. in den Kriegen mit Dänemark 1864 und mit Österreich 1866. Nach der Reichsgründung ohne Österreich schuf Bismarck aber ein europäisches Gleichgewicht durch seine Bündnispolitik. Erst nach seiner Entlassung zerfiel dieses System und endete schließlich im ersten Weltkrieg.
Die Biografie verfolgt Bismarcks Leben chronologisch. Von seinem Elternhaus, seiner Kindheit und seinen Studienjahre beginnend bis zu seinen Jahren an der Spitze der preußischen und deutschen Politik. Immer wieder wird die Chronologie unterbrochen mit Einschüben über die gesellschaftliche, kulturelle und politische Lage in Deutschland. Außerdem gibt es kurze Porträts von seinen Wegbegleitern, Freunden und Widersachern.
Eine schillernde Persönlichkeit, viele politische Verwicklungen und doch hat mich dieses Buch nur so halb überzeugt. Mein Problem mit dem Buch war die etwas unklare Konzeption. Sollte es eine Biografie sein? Oder doch ein Sachbuch? Es gibt viele Fotos, gleichzeitig auch viel Biografisches, aber ein paar mehr Quellen hätten es schon sein können. Man kratzt oft nur an der Oberfläche, wo es noch einiges mehr hätte zu berichten gegeben. Insgesamt ein ordentlicher Überblick über das Schaffen Bismarcks, aber für eine Biografie war es schon etwas sparsam.