Cover des Buches Nur noch das nackte Leben (ISBN: 9783942446129)
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Rezension zu Nur noch das nackte Leben von Ulrike Blatter

Rezension zu "Nur noch das nackte Leben" von Ulrike Blatter

von Susanne-Henke vor 13 Jahren

Rezension

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Susanne-Henkevor 13 Jahren
Wer Ulrike Blatters Krimis kennt, weiß, dass sie eine präzise beobachtende Gewaltanalystin ist. Der Prolog von "Nur noch das nackte Leben" lässt keinen Zweifel daran, dass sie dieser Tradition treu bleibt. Kommissar Erich Bloch, der bereits seine ersten beiden Fälle nicht gerade mit sprühender Lebensfreude gelöst hat, startet auch hier melancholisch. Denn das Wunder, das ihm mit der späten Liebe zu der slowenischen Journalistin Alenka begegnet ist, währte nur kurz. Wegen ihrer Recherchen in der Drogenszene bricht sie den gemeinsamen Urlaub vorzeitig ab. Zurück in Konstanz wird Bloch zum Fundort einer Drogentoten gerufen. Eine Überdosis, schlichtes Elend, kein Fall für Ermittlungen. Doch kaum zuhause, erhält er einen Anruf von der slowenischen Polizei. Alenka ist tot, angeblich mit dem Wagen verunglückt. Bloch soll ihre Leiche identifizieren. Auf seiner nun beginnenden Tour de Force, die nicht nur äußerliche, sondern auch innerliche Reisen beinhaltet, stürzt er in eine abgrundtiefe Depression, in der ihm allein der Alkohol ein paar klare Momente verschafft. Die Begegnung mit Alenkas Mutter, zwingt ihn, sich mit seiner eigenen Kindheit auseinanderzusetzen. Die geheimnisvolle Animè weckt Zweifel an der offiziellen Unfallversion von Alenkas Tod. Doch der Umstand, dass sie nicht allein im Wagen war, trübt Blocks Urteilsvermögen. Er flieht zunächst zurück nach Konstanz, bevor er zurückkehrt und bei den Ermittlungen im Drogensumpf nicht nur sein Leben riskiert. Wer einen Krimi zur Entspannung sucht, liegt mit diesem Buch völlig falsch. Wer dagegen auf der Suche nach einer Psychostudie über die sich über Generationen fortsetzenden und stets frisch genährten Kriegstraumata und ihrer gesellschaftlichen Folgen ist, wird dagegen bestens versorgt. Denn was Ulrike Blatter in dieser Geschichte über die zynische Herabsetzung einzelner Gruppen zu "menschlichem Abfall" und dessen effizienter Nutzung beschreibt, ist symptomatisch für eine Gesellschaft, die sich so zunehmend an instrumentalisierte Gewalt gewöhnt hat, dass sie die Methoden auch für den "normalen Hausgebrauch" übernimmt. Wie der Konstanzer Jugendliche, der einen lästigen Kumpel in einen Kanalschacht "entsorgt" hat, der auf die Frage nach dem Warum antwortet: R.T.: "Er musste halt weg." Kronawitter: " Was meinen Sie damit genau?" R.T.: "Weg halt. Verschwinden"
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