Ulrike Harnisch

 3,9 Sterne bei 35 Bewertungen

Lebenslauf

Ulrike Harnisch studierte Israelwissenschaften sowie Englische und Amerikanische Literatur. Neben zahlreichen israelischen Filmen übersetzte sie u. a. Asaf Schurr und Nir Baram. Sie lebt in Berlin.

Quelle: Verlag / vlb

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Neue Rezensionen zu Ulrike Harnisch

Cover des Buches Liliths Töchter (ISBN: 9783453273085)
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Rezension zu "Liliths Töchter" von Sarah Blau

NiWa
Interessanter Roman mit überraschendem Fokus

In Tel Aviv ist ein Serienkiller am Werk. Er tötet kinderlose Frauen und hinterlässt die Leichen als bizarre „Mutterfigur“. Sheila kennt alle bisherigen Opfer. Damit scheint sie verdächtig oder könnte der nächste Name auf einer Todesliste sein.

Angesichts des Klappentextes habe ich einen klassischen Thriller erwartet. Ich wurde von diesem Buch sehr überrascht, andere Leser und Leserinnen mit ähnlicher Erwartung könnten sogar enttäuscht werden. Denn statt einer spannenden Jagd auf einen Serienmörder, bietet die Autorin einen feministischen Roman, der einige Fragen der Rolle der Frau betrachtet. Aber einen Killer gibt es selbstverständlich auch.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Sheila Heller. Sie ist Bibelwissenschafterin in Tel Aviv. Ihr Leben wird durch die Morde an den kinderlosen Frauen regelrecht erschüttert. Der Mord an einer ehemaligen Studienkollegin, die einst Teil von Sheilas engsten Freundeskreis war, zwingt sie dazu, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Sie betrachtet ihre eigene Lebensweise und beschäftigt sich mit den Erwartungen, die an Frauen in der Gesellschaft gestellt werden.

Der Serienmörder und die Ermittlungen bilden zwar den äußeren Rahmen des Romans, doch der wahre Fokus liegt woanders. Blau verwebt Themen wie Religion, Feminismus und gesellschaftliche Normen miteinander. Sie beleuchtet die Perspektive einer Frau, die sich bewusst gegen Mutterschaft in ihrem Leben entschieden hat. Sheila und ihre Freundinnen trafen vor Jahren diese Wahl. Es wirkt wie ein rebellischer Schritt, in einer Gesellschaft, die Frauen oft über ihre Rolle als Mutter definiert.

Die Darstellung von Sheila empfand ich als besonders faszinierend. Obwohl sie Anfang vierzig ist, steht sie eher auf wackeligen Beinen im Leben. Sie springt von einer Beziehung zur nächsten und scheint nie wirklich „angekommen“ zu sein. Man merkt ihre innere Zerrissenheit, dabei wirft die subtile Gruppendynamik ihrer Freundinnen die Frage auf, inwieweit ihre Entscheidungen wirklich frei oder von äußeren Einflüssen geprägt sind.

Sheilas Auseinandersetzung mit dem Thema Mutterschaft und den Erwartungen ihrer Umwelt regt zum Nachdenken an. Die Autorin zeigt eindrücklich, wie tief verankert gesellschaftliche Vorstellungen von Frauenrollen sind. Sie spart nicht aus, dass dabei Frauen oft selbst als die härtesten Kritikerinnen ihrer Geschlechtsgenossinnen auffallen. Diese Beobachtung fühlt sich für mich authentisch an und spiegelt meine Erfahrungen wieder, wie sie viele Leserinnen vermutlich teilen.

Interessant ist aber auch mitzudenken, dass Männer ebenso von gesellschaftlichen Zwängen betoffen sind, auch wenn diese weitaus weniger reflektiert werden.

Neben dem feministischen sowie gesellschaftlichen Schwerpunkt bietet der Roman einen spannenden Einblick in die israelische Kultur, die für mich ein eher unbekanntes Umfeld ist. Die Kombination aus Feminismus und Religion, zu welcher die titelgebende Figur Lilith zählt, bereichern die Geschichte. Gleichzeitig habe ich mir etwas schwer getan, weil mir Wissen zum jüdischen Glauben fehlt. Mir sind sicherlich interessante Details entgangen.

„Liliths Töchter“ ist kein Thriller. Es ist mehr ein literarischer Roman, der komplexe Themen wie Mutterschaft, Feminismus und Religion verbindet. Wer sich auf diese ungewöhnliche Mischung einlassen kann, wird mit einer guten Geschichte belohnt. Auch wenn der Serienmörder eher als Impulsgeber für die innere Entwicklung der Protagonistin dient, habe ich dieses Buch mit seinen durchdachten Beobachtungen und dem für mich außergewöhnlichen Fokus gerne gelesen.

Cover des Buches Trügerische Anziehung (ISBN: 9783423284011)
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Rezension zu "Trügerische Anziehung" von Eshkol Nevo

lesehorizont
Rätselspass mit Nevo

Der neue Roman des vielfach preisgekrönten israelischen Schriftstellers Eshkol Nevo war in Israel das am häufigsten verkaufte Buch in einem Jahr. Dies weckt hohe Erwartungen. Dennoch bin ich weitgehend ohne Erwartungshaltung an die Lektüre herangegangen. Für mich war es der erste Roman aus der Feder von Nevo. Rückblickend und vorwegnehmend kann ich sagen: sicher auch nicht der letzte.

Im als Roman etikettierten Buch geht es im Grunde um drei Einzelgeschichten, die aber durch das lockere Band der Uneindeutigkeit thematisch lose miteinander verknüpft sind. Wenn man so will, ein Etikettenschwindel. Allein ob ein vages, verbindendes Thema die Ansammlung mehrerer Geschichten zu einem Roman macht, könnte man sicher kontrovers diskutieren. Viel Diskussionsstoff bietet aber auch jede der einzelnen Geschichten. In zwei der Geschichten geht es um ein moralisches Dilemma: Sollte man einem Anderen zuliebe, falsche Aussagen machen und damit gleichzeitig ggfs. unangenehme Konsequenzen riskieren? Eine spannende Frage und ein gemeinsames Grundmuster 2 der 3 Geschichten, das ich gerne auch in der 3. Geschichte in einer wieder anders gearteten Variante wiedergefunden hätte. Tatsächlich fand ich keinen Zugang zur dritten Geschichte, in der es um ein plötzliches Verschwinden eines Mannes geht. Die anderen beiden Geschichten las ich soweit gerne. In er einen geht es um Omri, der sich zu Mor, die ihre Hochzeitsreise gemeinsam mit ihrem Ehemann in Bolivien verbringt, erotisch hingezogen fühlt. Man fragt sich, ob sie den liebevoll und fürsorglich auftretenden Vater, der allerdings mit Eheproblemen kämpft, gezielt verführt und seine Standfestigkeit testet? Als ihr Mann bei einem Unfall, der möglicherweise keiner war, zu Tode kommt, bittet Mor ihn zu ihren Gunsten auszusagen. 

In der zweiten Geschichte geht es ebenfalls um eine Art trügerischer Anziehung eines Arztes zu einer Kollegin. Ihm droht eine Anklage wegen sexuellem Missbrauch, da seine Finger ihm nicht immer so gehorchen, wie sie sollten. Auch hier wird der männliche Protagonist mit einer Gewissensfrage konfrontiert. Meiner Meinung nach lassen sich diese beiden Geschichten gut vergleichend diskutieren, da sie ein gemeinsames Grundmuster aufweisen. Das hat mir gut gefallen. 

Grundsätzlich hat mich das Buch gerade wegen der programmatischen Bearbeitung von Uneindeutigkeit angesprochen; in sprachlicher Hinsicht lässt es sich gut lesen. Ich muss jedoch sagen, dass mir einige Darstellungen zu stereotyp geraten sind, gerade was die männlichen Protagonisten betrifft. Hätte es das wirklich gebraucht? Auch erschienen mir einige Wendungen recht aus dem Hut gezaubert; es gab mitunter ein paar Zufälle zu viel. Mit der letzten Geschichte konnte Nevo mich gar nicht erreichen. Ich habe sie schlicht nicht verstanden. 

Dennoch ziehe ich eine posititve Gesamtbilanz und würde es noch mit anderen Werken des Autoren probieren. 

Cover des Buches Trügerische Anziehung (ISBN: 9783423284011)
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Rezension zu "Trügerische Anziehung" von Eshkol Nevo

ElliP
Pageturner aus Israel

Eshkol Nevos vielschichtiger Roman „Trügerische Anziehung“ beschäftigt sich in drei Erzählungen mit Beziehungen unterschiedlicher Art – Mann–Frau, Mutter-Kind, Vater-Kind. Es geht um sexuelle Anziehung, um Liebe, Freundschaft, Verantwortung, Schuld und Tod, aber auch um die Suche nach der eigenen Identität, um Sehnsucht nach dem wahren Leben, nach Glück, Zufriedenheit, Erfüllung. Die Figuren, die uns begegnen, handeln häufig so nachvollziehbar und man kann ihre Ängste, Wünsche und Motivation verstehen. Andererseits werden viele Fehler gemacht und der einzelne steht sich selbst im Weg: die junge Witwe, die sich während der Totenwache mit einem Liebhaber trifft, der angesehen Arzt, der anscheinend einer jungen Medizinerin nachstellt, der Sohn, der die Mutter in einer schwierigen Situation allein lässt. Warum findet der / die einzelne nicht zu seinem / ihrem Glück, obwohl es doch so nahe liegt?

Die Stränge der drei Erzählungen sind lose miteinander verknüpft und wie in einem klugen Vexierspiel sucht der Leser nach Überschneidungen und Verbindungen. Spannend und mit Thriller-Elementen müssen die Fäden entwirrt werden, denn die Wahrheit ist versteckt. Wie war es wirklich? Was ist passiert?  Wem können wir trauen? Wie genau kennt man den geliebten Menschen? Diese Fragen durchziehen den Roman und das Suchen und Miträtseln wecken einen anregenden Lesegenuss. Die einzelnen Figuren sind nicht durchweg vertrauenswürdig, die Perspektiven wechseln und immer wieder müssen wir die Darstellungen des Erzählers hinterfragen. 

Eine klare Leseempfehlung für alle, die hintergründige, spannende und ungewöhnliche Geschichten lieben, bei denen gut und böse nicht klar definiert wird, viele Grauschattierungen auftreten, die unterschiedlichen Protagonisten vordergründig charmant und liebenswert wirken, dann aber doch eine ganz andere, dunklere Seite von sich preisgeben.

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