Rezension zu "Huch, die Angst ist da!" von Ulrike Légé
Angst – jeder kennt sie, jeder hatte schon mal Besuch von ihr. Ängste können ziemlich unterschiedlich sein, auch das wissen wir schon. Manches, was anderen das Fürchten lehrt, finden wir überhaupt nicht beängstigend. Und so ist das auch mit unseren Kindern. Jedes Kind ist individuell und dies wurde auch gleich von Beginn an klargestellt. „Huch, die Angst ist da!“ ist eine Kombination aus Sach- und Mitmachbuch, das mich als Elternteil sofort angesprochen hatte.
Schon im Vorwort wurde mir eine Empfehlung nahegelegt, nämlich den Elternteil zuerst zu lesen. Diesem folgte ich und muss sagen, dass dies ein sehr kluger Rat gewesen ist.
In mehreren Kapiteln setzten sich die beiden Autoren mit dem Thema Angst auf vielfältige Weise auseinander. So gab es nicht nur kleine Exkurse in die frühen Anfänge der Menschheit, sondern auch Einblicke in die psychologischen Forschungsgebiete und den daraus resultierenden Studienergebnissen. Aber auch Erzählungen aus dem eigenen Erfahrungsschatz des Autorenduos fanden Platz.
Der Elternteil ist also der Sachbuchteil. Aber niemand muss sich vor quälend langatmigen und schwer verständlichen, wissenschaftlich angehauchten Texten fürchten. Ganz im Gegenteil. Ulrike Légé und Fabian Grolimund waren darauf bedacht, alles knackig und sehr gut verständlich erklärt auf den Punkt zu bringen. Die einzelnen Kapitel bauten sich logisch ineinander auf, waren von einer superangenehmen Kürze und hielten hier und da auch ein rotes Kätschen mit dem Wichtigsten in Kürze zusammengefasst parat.
Ein besonders großer Pluspunkt war hier der Mitmachteil für die Eltern. Gezielte Fragen am Schluss der Kapitel luden zum Nachdenken und verarbeiten des eben gelesenen ein. Nicht immer bezogen sich die Fragen auf unsere Kinder, nein, auch wie Erwachsenen werden eingeladen, uns unseren eigenen Ängsten zustellen.
Der Elternteil war für mich hochinteressant und informativ. Zum Beispiel wusste ich nicht, dass die Angst zwei verschiedene Ursprünge in unserem Gehirn haben kann. Je nachdem von wo das Signal kommt, müssen andere Ansätze zur Begegnung mit der Angst gewählt werden. Aber es ging auch darum, wie wir als Eltern mit den Ängsten unserer Kinder sicher umgehen können. Wie wir sie besser begleiten können und wann es sinnvoll ist, sich professionelle Hilfe zu holen.
Der Schreibstil der beiden Autoren empfand ich als sehr angenehm. Es wirkte nie belehrend. Stattdessen hatte ich das Gefühl, herzlich und mit viel Einfühlungsvermögen durch die Welt der Angst und ihrer kleinen Monster geführt zu werden, um mehr Verständnis für die komplexen Vorgänge zu erhalten. Zu dem machten Ulrike Légé und Fabian Grolimund den Eltern Mut, sich den Ängsten ihrer Kinder anzunehmen, sie nicht kleinzureden und gaben reichlich wertvolle Tipps und Hilfestellungen. Und das aller wichtigste Statement war für mich: Wir Eltern müssen nicht perfekt sein, um unseren Kindern eine Stütze während ihrer Angstphase zu sein.
Nachdem ich den Elternteil gelesen hatte, begann ich mit meinem Lesejunior den Kinderteil zu entdecken. Ich war sofort positiv angetan davon, dass mein Kind eine direkte Ansprache von Ulrike Légé und Fabian Grolimund erhielt und ihm erklärt wurde, wie der Ablauf des Buches funktionierte. Sofort wurde Druck herausgenommen. Nicht alle Mitmachaufgaben müssen gemacht werden, sondern wir sollten uns ganz entspannt dem Thema Angst widmen können.
Kindgerecht wurde erklärt, was Angst eigentlich ist. Parallel wurde uns die Familie Schlottermann vorgestellt, die zu besseren Visualisierung unterschiedliche Angstmomente durchlebte. Und dann gab es ja noch das Angstmonster, welches auch eine Form erhielt, um es greifbarer für die Kinder zu machen. An dieser Stelle möchte ich ein großes Lob an den Illustrator René Amthor aussprechen. Dieses niedliche Angstmonster war überhaupt nicht gruselig. Niemand fürchtete sich vor diesem knuffigen Kerlchen, was ich prima fand. So kamen wir völlig ungezwungen über unsere Ängste ins Gespräch. Mithilfe der Illustrationen wurde der Text für die Kinder noch verständlicher und weckte sogar Momente des Wiedererkennens. Besonders stach bei uns die Seite hervor, in der sich das Angstmonster verkleidet hatte. Da fiel meinem Lesejunior auf, dass das bei ihm auch manchmal der Fall ist und die Erklärung, warum sich das Angstmonster verkleidet, half ihm alles besser zu verstehen.
Beim Mitmachteil für die Kinder hatten wir viel Spaß und besonders die Aufgabe, unser eigenes Angstmonster zu malen, regte unsere Fantasie sehr an. Seine Angst einfach mal zu zeichnen, nimmt ihr schon einen Teil des Schreckens. Ich hatte das gute Gefühl, dass uns dieses Buch auf mehreren Ebenen gutgetan hat. Besonders mag ich es, dass wir es auch zukünftig immer mal wieder zur Hand nehmen können. Denn die zahlreichen Tipps zur Bewältigung von Angst können immer wieder angewandt werden. Hier möchte ich auch noch erwähnen, dass ich es klasse finde, dass es auch Vorlagen am Ende des Buches gibt, die bei Bedarf immer wieder kopiert werden können.
Das Ende des Kinderteils fand ich grandios und begeistert mich noch immer sehr. Denn die Angst hat einen ganz eigenen Brief ans Kind geschrieben. Ein Brief, der sogar mir Trost und Mut zugesprochen hat. Von vorn bis hinten ein wirklich toll durchdachtes und nützliches Buch rund um das Thema Angst.
Fazit:
„Huch, die Angst ist da!“ ist ein gelungenes Sach- und Mitmachbuch für groß und klein. Wer verstehen möchte wie Angst funktioniert und welche Möglichkeiten es gibt sich mit dem Angstmonster auszusöhnen, der findet hier eine klasse Hilfestellung.