Rezension zu Der fremde Deutsche von Umeswaran Arunagirinathan
Offener Erfahrungsbericht eines beeindruckenden Menschen
von Knigaljub
Kurzmeinung: Vermutlich ist Umes' erstes Buch etwas informativer, aber auch diese privaten Einblicke sind ganz interessant.
Rezension
Knigaljubvor 6 Jahren
Umeswaran Arunagirinathan hat geschafft, wovon viele andere Flüchtlinge noch träumen: Er arbeitet in seinem Wunschberuf als Herzchirurg, verdient genug Geld, um seine Familie auf Sri Lanka zu unterstützen, hat einen deutschen Pass und fühlt sich in Hamburg Zuhause.
Wenn man bedenkt, dass er mit 12 Jahren ganz allein hier angekommen ist, kann man nur den Hut vor seiner Leistung ziehen. Umso empörender fand ich die im Buch geschilderten Passagen, in denen er von Diskriminierung seitens anderer Deutscher berichtet.
Der Untertitel "Leben zwischen den Kulturen" bezieht sich meines Eindrucks jedoch nicht nur auf die srilankanische im Vergleich zur deutschen Kultur, sondern auch und vor allem auf die Unterschiede zwischen seiner norddeutschen Heimat und dem für seine Ausbildung bezogenen Wohnort in Bad Neustadt sowie auf die eigene hinduistische Kultur im Vergleich zur muslimischen Kultur seiner afghanischen Wahlfamilie. Inwiefern hier Umes' privates Liebesleben, das nicht allen kulturellen Anforderungen gerecht werden kann (seine Familie drängt bspw. zur Heirat, was für Umes nicht vorstellbar ist), mitgemeint ist, kann spekuliert werden.
Beeindruckt hat mich an diesem Buch vor allem die schonungslose Offenheit, mit der Umes von erfahrenen Diskriminierungen (unterschiedlicher Art) und eigenen Gefühlen berichtet.
Gefehlt hat mir hingegen ein bisschen das, was der Klappentext versprach: Zwar schildert der Autor seine eigenen Erlebnisse und äußert seine Ansichten, aber dass er (nebenbei noch) "Möglichkeiten, Erwartungen und Probleme einer Integration" im Allgemeinen auslotet, fand ich jetzt nicht unbedingt. Auf den Bürgerkrieg in Sri Lanka wurde glücklicherweise zum Schluss noch etwas eingegangen und auch die Schilderung einer traditionellen Bestattung fand ich sehr interessant, aber mich hätte es auch nicht gestört, noch ein wenig mehr über die tamilische Kultur zu lesen.
Fazit:
Ein interessanter Bericht über einige Lebenspassagen eines sympathischen Mannes, der es beeindruckend weit gebracht hat - mit sehr privaten Einblicken, aber ein bisschen zu wenig "Allgemeinem".