Urs Heftrich

 5 Sterne bei 5 Bewertungen
Autor*in von Mein Taubenschlag, Höhlen tief im Wörterbuch und weiteren Büchern.

Alle Bücher von Urs Heftrich

Cover des Buches Höhlen tief im Wörterbuch (ISBN: 9783421052551)

Höhlen tief im Wörterbuch

 (2)
Erschienen am 21.08.2006
Cover des Buches Mein Taubenschlag (ISBN: 9783446243453)

Mein Taubenschlag

 (2)
Erschienen am 29.09.2014
Cover des Buches Wandernde Sterne (ISBN: 9783446272705)

Wandernde Sterne

 (1)
Erschienen am 16.05.2022

Neue Rezensionen zu Urs Heftrich

Cover des Buches Wandernde Sterne (ISBN: 9783446272705)
M

Rezension zu "Wandernde Sterne" von Urs Heftrich

Entdeckungsreise durch nicht wenige Schriften
M.Lehmann-Papevor 2 Jahren

Entdeckungsreise durch nicht wenige Schriften

 

„Weiterfahrt nach Winkow……unglückliche Kleinstädter, man schüttelt sie zwei, drei Wochen durch, lässt sie laufen, gibt ihnen einen Passierschein. Andere Soldaten schnappen sie sich, schütteln sie wieder durch“.

 

Der 23-24.8.1920, ein Teil der Tagebuchaufzeichnungen, Eindrücke Babels eines Marsches irgendwo in der polnischen Provinz mit Rotarmisten. Wie im Telegrammstil, aber immer auf den Punkt, genau die kleinen Begebenheiten am Rande beachtend, wie jene, dass der kleine Junge „aus dem Tross“ nun nach Hause fand, wie auch die großen Linien. Jenes „Durchschütteln“ eben, das die Haltung der Soldaten (nicht nur) jener Tage in vielerlei Hinsicht kennzeichnet und den Leser gerade wegen der dichten Sprache mitten hineinzieht in Stimmung und Emotionen auf allen Seiten jenes Weges damals.

 

Und als wäre es ein Blick just auf Gegenwart in jenem tgebuch aus dem Jahr 1920:

 

„Woher kommen Sie“?

„Aus Odessa“.

„Wie lebt man dort“?

„Die Menschen Leben“.

 

Auch wenn es aktuell gerade (noch) nicht Odessa trifft, es wirkt wie in die moderne Zeit wieder hineingefallen, was Babel zu berichten weiß. Es zeigt, wie der Mensch an sich wohl ist, mit wenig Hoffnung auf nachhaltiger Änderung, wenn es etwas zu gewinnen gäbe. Dann auch gerne mit Gewalt und Furcht und Schrecken schon im Vorfeld verbreitend.

 

Eine Furcht, die der Autor auch persönlich natürlich kennt. Mutig in seinen Schriften, Reportagen, Berichten und dennoch nicht lebensmüde in einer Zeit, in der schon einmal, dort, im russischen Einflussgebiet, das offene Wort schnell zum offenen Grab führen konnte.

 

Wobei in diesem Band deutlich mehr Zugänge zu Issak  Babel versammelt sind, als nur jene Tagbücher oder Interviews, Reden und Selbstzeugnisse anderer Art.

 

Dramen, Drehbücher, das „Tagebuch 1920“, Selbstzeugnisse, Reportagen, Aufsätze, Reden und Interviews, all das sammelt sich, wunderbar zu lesen und sorgfältig übersetzt, dass nicht nur die Worte, sondern auch die Emotionen und die Atmosphäre je mitschwingen, in diesem Band, der somit vielfachen Zugang zur Person, zur persönlichen Welt und zum Werk Babels in sich trägt.

 

Wobei es dem geneigten Leser fast zu empfehlen wäre, nicht am Anfang des Werkes mit der Lektüre zu beginnen, sondern zunächst ab Seite 541 die Autobiographie in Ruhe wirken zu lassen. Nur wenige Seiten, wie ansonsten komprimiert im Stil, wenn es Babel um die eigenen Eindrücke geht. Doch gut für den Leser, der die Zeit des Künstlers, den Weg nach St. Petersburg in jungen Jahren („eine Aufenthaltsgenehmigung besaß ich nicht, der Polizei ging sich aus dem Weg“) und die „innere Ausrichtung“ seines Blickes auf die Welt gut in den Raum der Seiten setzt. So dass die weiteren Schriften im Sammelband mit konkretem Hintergrund versehen dann besser eingeordnet und verstanden werden können.

 

Ein kluger Mensch mit dem Mut, der Suche nach Wahrhaftigkeit nicht abzuschwören in bedrängenden Zeiten. Mit einem klaren, präzisen Stil versehen, die Dinge der Zeit und die großen und kleinen Schicksale auf den Punkt zu bringen, ein kluger Beobachter des Alltags in schwierigen Zeiten, gerade was den Bürgerkrieg in Russland angeht.

 

Eine Orientierung, die sich in den literarischen Werken weiterführt, den Dramen und Drehbüchern, in denen Babel umgangssprachlich gewandt von durchaus auch krummen Wegen der Menschen zu berichten versteht (der „König von Odessa“, aber auf der dem Gesetz entgegengesetzten Seite),

 

Was aber vor allem im Gedächtnis nach der Lektüre verbleibt, ist das lebendige „Wiederauferstehen“ jener Zeit der ständigen Krisen und Konflikte, des Hungers, Kriegs, der Gewalt, des sich Versteckens und dennoch mit dem geschriebenen Wort immer wieder seine Nadelstiche setzen, sich nicht unterkriegen lassen von Drangsal, Einschüchterung, Gefahr oder anderer, äußerer Not.

 

Ein wunderbarer, vielfältiger Blick, der die Person des Autors und seine Zeit, die ihn durchaus zu dem hat werden lassen, fast in diese Richtung genötigt hat, der er war und nun dem Leser aus verschiedenen Perspektiven her das Werk und die Person Babels differenziert damit erschließt.

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