Ich möchte euch heute "Das Tagebuch meiner Großmutter" von Uschi Vogel vorstellen.
Es handelt sich hierbei um einen historischen Roman, der die Zeit direkt nach Kriegsende ab Mai 1945 in Deutschland beschreibt.
Uschi Vogel erzählt die Geschichte der 19-jährigen Rosi, die nach Kriegsende zurück in ihr Elternhaus nach Ingolstadt zieht. Die Familie ist stark vom Krieg gebeutelt, der Vater musste ins Gefängnis, ein Bruder ist im Krieg verstorben und ein weiterer gilt als vermisst.
Inmitten dieser schwierigen Zeiten lernt Rosi den GI Johnny kennen und verliebt sich in ihn. Sie unterliegt natürlich seinem Charme, obwohl das Verbrüderungsverbot zwischen Deutschen und Amerikanern noch gilt.
Doch wenn ihr denkt, es handelt sich hierbei lediglich um eine weitere historische Liebesgeschichte, dann täuscht ihr euch.
Denn die Autorin beschreibt sehr authentisch das Leben in der Nachkriegszeit Deutschlands. Familien, die auseinandergerissen wurden, Entbehrungen im Alltag und Lebensmittelknappheit, um nur ein paar zu nennen.
Wir begleiten Rosi und ihre Familie fast ein Jahr lang und erleben dabei die Höhen und die Tiefen, die den damaligen Alltag bestimmten. Mir wurde beim Lesen deutlich, wie gut es uns aktuell eigentlich geht und dass man sich auch über die kleinen Dinge des Lebens mal wieder freuen sollte.
Auch die Rolle der jungen Frauen in der Nachkriegszeit ist Uschi Vogel sehr gut gelungen.
Es war nicht möglich seine Jugend in Kriegszeiten zu genießen und nach Kriegsende herrschte ein deutlicher Frauenüberschuss durch die Opfer, die der 2. Weltkrieg forderte.
Wer kann es da Rosi und ihrer Freundin Betty verdenken, dass Sie den amerikanischen jungen Soldaten schöne Augen machten und sich über kleine Gesten und Aufmerksamkeiten freuten?!?
Auch wird sehr schnell klar, wie wenig aufgeklärt die Mädels früher waren. Und wen wundert es? War es doch die Rolle der Frau einen Ehemann zu finden und mit diesem bestenfalls die ersten sexuellen Erfahrungen zu machen.
Kein Wunder also, dass es vielen jungen Frauen in der Nachkriegszeit so ging, wie Rosi in dieser Geschichte.
Uschi Vogel ist es gelungen, dass ich das Kribbeln im Bauch regelrecht nachempfinden konnte beim Lesen, dass zwischen Rosi und Johnny geherrscht hat. Ich habe regelrecht mitgefiebert bei jedem Treffen der beiden.
Leider hat mir insgesamt bei Rosi aber die charakterliche Entwicklung gefehlt. War sie anfangs noch sehr naiv, ist sie dies auch bis fast zum Ende des Buches geblieben. Erst auf den letzten Seiten hat sie für mich, einen starken Entwicklungssprung gemacht.
Auch dieses lange hinterher schmachten hat mich irgendwann dezent genervt und fühlte sich leider wie ein Teufelskreis in Rosis Gedanken an.
Und auch wenn viele Alltagsszenarien sehr realistisch durch die Autorin beschrieben wurden, so wurde es mir gerade in der zweiten Hälfte irgendwann doch zu langatmig und hat für mich persönlich leider wenig zum Plot beigetragen, so dass sich vor allem das letzte Drittel des Buches doch sehr in die Länge gezogen hat.
Alles in allem handelt es sich jedoch um einen sehr realistischen und gut recherchierten Roman, dem ich 3,5 von 5 Gänseblümchen vergebe.