Rezension zu "Der Obstdieb und andere Erzählungen des Grauens" von Uwe Durst
Der "Obstdieb" ist ist der dritte und mit Erscheinungsjahr 2023 aktuellste Erzählband von Uwe Durst. Davor las und rezensierte ich die ebenfalls 2023 nach Buchausgaben als Taschenbücher erschienenen Erzählbände "Phantasmagoriana" (ursprünglich 2013) sowie "Das Bestiarium" ( ursprünglich 2020).
Der Autor und Literaturwissenschsftler Uwe Durst steigerte mit seinen "Geschichten des Grauens", - wie er seine Erzählungen untertitelt - in beiden Vorgängerbänden in Szenarien, die mich beim Lesen atemlos machten. Deshalb war ich auf seinen neuen "Obstdieb" schon sehr gespannt.
Auf den ersten Blick ist der "Obstdieb" ein schmales Bändchen mit 136 Seiten bester optischer Qualität. Unter dem Schutzumschlag mit einem Cover, das bereits zum Grübeln anregt, ob es sich hier das Kerngehäuse eines Apfels handelt, oder um weibliche äußere Geschlechtsorgane, lauert ein schmales Büchlein. Allerliebst in schmuckem Dunkelgrün gekleidet, mit bestem chamoisefarbenem Papier und endlich mal wieder einem Lesebändchen. Dunkelgrün. Perfekt. Noch sieht es brav aus.
Nach dem Aufschlagen dieses vermeintlich harmlosen Büchleins beginnt tatsächlich mit dem Lesen das Grauen, das Rätseln, das Verwundern. Die ersten beiden Bände konnte ich gut dem Genre "Phantastische Literatur gemäß Edgar Allan Poe" und somit 19. Jahrhundert einordnen.
Der "Obstdieb" kam mir verdammt viel näher. Vor allem in den letzten beiden Geschichten "Das Gurkenglas" und "Die Peinigung" war das Gruseln nicht mehr eine Vorstellung "far away" sondern beklemmend realistisch und nah.
Ich musste die einzelnen Erzählungen mindestens zweimal lesen um den Wahnsinn zwischen Aberglauben, Verfolgungswahn, Albträumen, Schizophrenie und anderen Wahnvorstellungen zu erkennen, wieder auseinanderzudividieren und zu verstehen.
136 Seiten mehrmals gelesen ist Lesestoff für einen ganzen Urlaub. Vorausgesetzt man hat stabile Nerven und einen gesunden Schlaf.
Eine Leseempfehlung für alle, die bestens literarisch geschriebenen Geschichten mit tricky Überlegungen um zu einer Erkenntnis zu kommen, lieben. Wer das - wie ich schätzt - findet mit dem "Obstdieb" ein seltenes Juwel.