Rezension zu "Lilith" von George MacDonald
Der schottische Schriftsteller und Prediger George MacDonald (1824-1905) inspirierte und beeinflusste Kollegen wie Mark Twain, C.S. Lewis oder Tolkien. "Lilith", eines seiner bekanntesten Werke, ist als Märchen auch stark biblisch beeinflusst. Lilith ist im Buch (angelehnt an die jüdische Legende) die erste Frau, die Gott erschuf. Sie lief allerdings fort und regiert jetzt über eine Stadt des Bösen. Mr. Vane, der Held des Romans, gelangt durch merkwürdige Erscheinungen in seiner Bibliothek und durch einen magischen Spiegel in eine andere Welt, die, wie es sich herausstellt, das göttliche Paradies bzw. Himmel und Hölle ist. Dort muss er gegen Lilith kämpfen. Der ganze Text wird durchzogen von christlichen Symbolen und Gleichnissen, die besonders am Schluss aber etwas kryptisch wirken. Man braucht seine Zeit, bis man wie der Held Mr. Vane die merkwürdigen Geschehnisse versteht, was aber gute Spannung erzeugt. Wer z.B. Alice im Wunderland oder die Narnia-Romane mochte, wird auch an diesem Buch seine Freude haben. Schlucken muss man aber die bittere Pille, dass dem damaligen zeitgenössischen Geschmack entsprechend ähnlich wie in Bram Stokers Dracula die emanzipierte Frau - hier Lilith - die, wie Lilith ständig betont, ihre eigene Erfindung und ihr eigener Herr sein möchte, gnadenlos abgekanzelt wird. Interessant ist auch, dass die Stadt des Bösen, über die Lilith herrscht, frappierend einer modernen kalten Stadt ähnelt - die Einwohner kümmern sich nur um ihren eigenen Reichtum und verweisen Arme und Kinder vor die Stadtmauern.