Cover des Buches Griewatsch! (ISBN: 9783038480389)
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Rezension zu Griewatsch! von Uwe Siemon-Netto

Das Leben eines echten Leipziger Lausejungen

von heaven4u vor 9 Jahren

Rezension

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heaven4uvor 9 Jahren
Griewatsch - das ist sächsisch und heißt Lausejunge. Uwe Siemon-Netto war ein typischer Griewatsch und entführt uns in seiner Biografie in das Leipzig während des zweiten Weltkrieges, der DDR-Zeit und ein Stück darüber hinaus. Dabei geht es nicht nur um sein Leben und seine Streiche, sondern auch um die Entwicklung der Stadt Leipzig durch die verschiedenen Regime hinweg. Die Geschichte seiner Kindheit und auch die seiner großen Familie, steht hier im Vordergrund.

Uwe Siemon-Netto wurde 1937 in eine bürgerliche Familie in Leipzig hineingeboren. Sein Vater ist ein durch den ersten Weltkrieg erblindeter Staatsanwalt und seine Mutter einer Kammersängerin. Hauptsächlich allerdings wird Uwe von der Oma Clara Netto großgezogen, die ihm zwar für seine Streiche immer wieder eine "klatscht", was er ihr aber nicht übel nimmt. Gewalttätig ist sie nie. Sie lehrt ihn Luthers Katechismus, bringt ihm geistliche Lieder bei und ist in vielerlei Hinsicht die Wegbereiterin für seinen festen Glauben an Gott, der auch nicht durch seine sozialistischen Schulkameraden und später in diversen Waldorfschulen abhanden kommt. Er halt immer an Gott fest, der Glaube ist ihm ein Leben lang eine Stütze.

Man merkt dem Buch an, dass er Autor Journalist ist und seine Texte mit viel Herzblut und Humor verfasst. Es gibt so oft was zu lachen, nicht zuletzt die Dialoge die in breitem Leipziger Sächsisch verfasst sind, bringen den Leser zum schmunzeln. Selbst in Sachsen aufgewachsen, verstehe ich natürlich was er meint und fühle mich gleich wohl und an meine eigene Ausbildungszeit in Leipzig erinnert. Ich fliege durch die Geschichten, von denen keine Seite langweilig ist. Dabei erzählt er zwar relativ chronologisch von seiner Kindheit, schweift aber immer wieder ab und erzählt hier eine Anekdote die ihm dazu einfällt und da eine Begebenheit. Hauptaugenmerk liegt hier wirklich auf Kindheit und Jugendzeit, seine berufliche Laufbahn wird nur grob umrissen und mit den wichtigsten Begebenheiten erzählt. Zahllose Bilder lassen sein Leben noch lebendiger werden.

Man erfährt auch ein Stück Leipziger Geschichte über fast 80 Jahre hinweg. Mehrmals muss er umständehalbe die Stadt verlassen oder wird verbannt, immer wieder kehrt er jedoch zurück in SEINE Stadt. Dabei ist er nie wehmütig oder nostalgisch, sondern lässt uns einfach an seinen ehrlichen Gedanken teilhaben. Mit seiner Meinung hält er nicht hinterm Berg, wenn ihm was nicht passt, dann sagt er das auch.

Ich bin sehr begeistert von diesem vielleicht eher unscheinbarem Buch mit dem etwas ungewöhnlichen Titel. Wenn man sich darauf einlässt, wird man mit einem Stück wunderbarer Zeitgeschichte belohnt, die an keiner Stelle langweilig ist.
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