Prallgefüllter und umfassender, kulturwissenschaftlicher Blick
„Nichts ist wichtiger als ein Handbuch Komik“.
Und wer das verneint oder auch nur versäumt, zu nicken, der hat nicht verstanden, „was Komik als Forschungsgegenstand ist: der Brückenkopf für jede Erforschung der Kultur“.
Warum wird über bestimmte Regelabweichungen gelacht und über andere nicht? Schon die Frage impliziert, dass die „Beobachtenden“, aber auch die Akteure (in gewissem Maß), in der Lage sind, über die Rahmenbedingungen der eigenen Kultur nachzudenken (oder zumindest die Überschreitung von Grenzen intuitiv zu erfassen).
So hat auch jede Kultur, jede Gesellschaft, jede historische Zeit „ihre“ Komik, die nur in seltenen Fällen „zeitlos“ übertragbar ist und in den meisten Fällen für kommende Generationen nur mehr Kopfschütteln und Unverständnis auslöst.
Um sich nun im fundierten und umfassenden Sinne dem „Kulturgut“ Komik zu nähern, bedarf es, und auch das leistet dieses Handbuch, einer Analyse der jeweiligen kulturellen „Rahmungsprozesse“. Denn gerade die Komik arbeitet ja damit, Handlungen „in einen anderen (schrägen, verrückten, überraschenden) Rahmen zu stellen und daraus dann die Belustigung (oder das erschreckende Lachen oder das poetische „komisch berührt werden“ im „Komischen Theater“) zu erzeugen.
Womit das Handbuch aber auch Neuland betritt, denn trotz der engen Verbundenheit von Witz, Komik, Comedy, Clown, Ironie, Satire, Groteske und der dutzenden anderen „komischen Fächer“, ist bislang die Komik zumindest mit einem Handbuch noch nicht versehen worden.
Dessen Lektüre, auch darauf sei hingewiesen, nun nicht unbedingt „erheiternd“ oder „komisch“ im Vollzug sich darstellt, sondern durchaus Konzentration bedarf und mit vielfachen Abstraktionen (neben ganz handfesten Betrachtungen) auch aufwartet.
Wobei im Rahmen der Klärung der Grundbegriffe im ersten Teil auch Unschärfen und Probleme des Begriffes deutlich werden, mithin mitschwingt, wie intuitiv Komik letztlich wirkt und dass es Mühe bedarf, das Ganze in fassbare Theorien und Thesen zu fassen.
Was Kern des zweiten Hauptteils des Handbuches ist, in dem methodische Zugänge zur Komik aus den diversen kulturwissenschaftlichen Fakultäten sorgsam vorgestellt werden. Philosophie, Anthropologie, Psychologie, Psychoanalyse, Linguistik („Sprachwitz“), Literaturtheorie bis hin zur „Komik der Kultur“ selbst (mit interessant und „komisch“ zu lesenden Szenen der „türkisch-deutschen Desintegration“) zeigen auf, wie unterschiedliche die Zugänge zur Komik sind, wie viele Formen vorhanden sind, wie viele aber auch Deutungen vermeintlich „ein- und derselben“ Komik aus verschiedenen Sichtweisen heraus möglich sind.
Auf dem Hintergrund der vielfältigen „Medienumbrüche“ der letzten Jahre und Jahrzehnte ist der dritte Hauptteil logisch gewählt. Die Gattungen und Herangehensweisen aus dem zweiten Hauptteil werden hier eingebracht in die „Transformation in mediale Formen“. Wobei das Handbuch, allein schon aufgrund der Geschwindigkeit des Wandelns der Medien im digitalen Zeitalter eher anreißen und grundlegend betrachten kann, denn konkret Festzulegen im Stande ist.
Im Gesamten leistet das Handbuch eine nachvollziehbare, nicht immer einfach zu lesende oder einfach zu verstehende Strukturierung des „Feldes des Komischen“, das dem Leser mannigfaltige Hinweise auf mögliche Vertiefungen im Text und durch die reichhaltigen Literaturangaben gibt und, vor allem, das „Feld der Komik“ als zentrale Schnittstelle des Ausdrucks und zum Verständnis der eigenen Kultur umfassend und konkret vor Augen führt.
Prallgefüllter und umfassender, kulturwissenschaftlicher Blick