Valentin Senger

 3,9 Sterne bei 12 Bewertungen
Autor*in von Kaiserhofstraße 12, Kaiserhofstraße 12 (7438 621) und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Valentin Senger, geboren 1918 in Frankfurt am Main, arbeitete nach einer Lehre zum Technischen Zeichner als Konstrukteur. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er Journalist und arbeitete zunächst für die Sozialistische Volkszeitung, später für den Hessischen Rundfunk. Valentin Senger starb 1997 in Frankfurt am Main.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Valentin Senger

Cover des Buches Kaiserhofstraße 12 (ISBN: 9783895612282)

Kaiserhofstraße 12

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Erscheint am 22.08.2024
Cover des Buches Die Buchsweilers (ISBN: 9783630867632)

Die Buchsweilers

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Erschienen am 01.01.1991
Cover des Buches Die rote Turnhose (ISBN: 9783630869612)

Die rote Turnhose

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Erschienen am 12.02.1997
Cover des Buches Kurzer Frühling (ISBN: 9783596190652)

Kurzer Frühling

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Erschienen am 11.11.2011
Cover des Buches Kaiserhofstraße 12 (ISBN: 9783821863320)

Kaiserhofstraße 12

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Erschienen am 09.03.2010
Cover des Buches Kaiserhofstraße 12 (7438 621) (ISBN: 9783630612911)

Kaiserhofstraße 12 (7438 621)

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Erschienen am 01.06.1993

Neue Rezensionen zu Valentin Senger

Cover des Buches Kaiserhofstraße 12 (ISBN: 9783596190577)
Ascari0s avatar

Rezension zu "Kaiserhofstraße 12" von Valentin Senger

Ein bemerkenswertes Zeitzeugnis!
Ascari0vor 6 Jahren

Auf dieses Buch wurde ich mit meinen Recherchen im Zusammenhang mit “Frankfurt verboten” das erste Mal aufmerksam, bei mir einziehen durfte es dann bei meinem letzten Frankfurt-Besuch, als ich es zufällig beim Hugendubel entdeckte. Im Gegensatz zu “Frankfurt verboten” erzählt es allerdings eine wahre Lebensgeschichte …

Der Klappentext:

Es sind die dreißiger Jahre: In der Kaiserhofstraße in Frankfurt am Main leben Schauspieler, Transvestiten, Freudenmädchen, Burschenschaftler – und die Familie Senger. Als Kommunisten und Juden mussten sie aus dem zaristischen Russland fliehen und haben hier ein neues Zuhause gefunden – bis Adolf Hitler 1933 die Macht ergreift. Valentin Sengers Mutter Olga erkennt früh den Ernst der Lage: Mit gefälschten Papieren verschleiert sie die Spuren ihrer Herkunft …

Meine Meinung:

Ich gebe zu, so ganz genau wusste trotz des Klappentexts ich nicht, worauf ich mich hier einlasse, obwohl ich das Buch schon angelesen hatte. So war mir beispielsweise nicht bewusst, dass diese Memoiren in Form von kleinen Episoden erzählt werden. Episoden, in denen der Autor zuerst seine Familie und dann sein Leben als Kind in der Kaiserhofstraße in Frankfurt vorstellt.

Dabei springt er in der Zeit immer wieder ein klein bisschen vor und zurück, legt den Schwerpunkt auf verschiedene Begegnungen, denen er rückblickend sehr viel Wert beimisst. Die Mutter beispielsweise sorgt nach und nach dafür, dass die Familie in den einschlägigen Listen der Nazis nicht mehr auftaucht. Hilfe erhält sie dabei von einem Polizeibeamten, der Zugriff auf die Einwohnermeldedaten hat:

“Man könnte mit Recht fragen, was den Polizeimeister Kaspar veranlasst hat, eine so riskante Korrektur an unserer Einwohnermeldekarte vorzunehmen. Ich weiß es, bei Gott, nicht. Er tat es einfach.”
Seite 91

Und in dieser Art geht es weiter. Senger vermischt in seinem Rückblick sowohl Persönliches (erste Liebe, erster Freundin, erster Sex), Familiäres als auch Politisches (zumindest soweit es die Familie betrifft). Manches kommt in meinen Augen dabei aber auch zu kurz, vielfach hatte ich das Gefühl, trotz der Details nur einen gewissen Einblick in das Leben der Familie zu bekommen …

Der Schwerpunkt des Buchs liegt definitiv darauf, dass alle Familienangehörige immer wieder in Situationen kommen, die unter normalen Umständen wohl lebensgefährlich gewesen wären. Sei es beim Spielen mit den Kindern der Nachbarn, die sich später als glühende Nazis entpuppten, sei es bei den Untersuchungen beim Arzt oder bei den späteren Arbeitskollegen, wo Senger eine Lehre als technischer Zeichner macht.

Die Geschichte der Sengers wurde oft als Wunder bezeichnet, ein Wunder, dass es ihnen gelungen ist, mitten in Frankfurt tatsächlich unbehelligt zu bleiben und zu überleben. Was auch immer es ist: Es ist auf jeden Fall ein Zeugnis dafür, dass trotz der Angst vor dem Nazi-Regime bei vielen Menschen doch so viel Mut geblieben ist, bewusst oder unbewusst wegzusehen, wenn ihnen bei Familie Senger etwas nicht – um es mit einem jüdischen Ausdruck zu sagen – koscher vorkam.

Senger reflektiert in dem Buch aber auch die Beziehung zu seiner Mutter, die trotz aller Liebe nicht immer einfach war. Mehrfach kritisiert er ihre Erziehung, ist der Meinung, dass sie ihre Kinder zu kriecherischen Duckmäusern erzogen hat, die ihr Judentum verleugnen mussten. Er versteht zwar, warum sie so gehandelt hat, stellt aber generell in Frage, warum sich die Juden durch die Jahrhunderte nicht mehr gegen die Willkür der Regierenden gewehrt haben:

“In meiner Zeit sind Millionen Juden ohne Gegenwehr in die Gaskammern gezogen. Sie wussten, sie gingen in den Tod, und doch leisteten sie keinen Widerstand, waren wie gelähmt. Ich habe von keinem Fall gehört, dass sie Knüppel genommen und auf ihre Peiniger eingeschlagen oder sie mit bloßen Händen erwürgt hätten. Was hatten sie schließlich noch zu verlieren!”
Seite 111

Eine Frage, die ich mir auch immer wieder gestellt habe, wenn ich mich mit der Zeit beschäftigt habe, auf die es letztlich aber wohl keine Antwort gibt. Und die eigentlich nur den Wunsch übrig lässt, dafür zu sorgen, dass sich so etwas in dieser Form nie mehr wiederholen kann …

Eine Anmerkung noch zum Ende: Da das Buch doch einen relativ offenen Schluss hat, enthält das Buch ein Nachwort, in dem darauf hingewiesen wird, was Senger nach dem Krieg gemacht hat, ehe er 1997 starb. Trotzdem bleibt das Gefühl, nur einen recht kleinen Einblick in das Leben eines Menschen erhalten zu haben, dem etwas gelang, was wirklich Seltenheitswert hatte – mitten im Herzen Deutschlands das Nazi-Regime zu überleben.

Mein Fazit:

“Kaiserhofstraße 12” erzählt in Episoden die Kindheit und Jugend Valentin Sengers, dem es mit seiner jüdischen Familie gelang, das Nazi-Regime fast unbeschadet zu überstehen. Das Buch wird damit zu einem sehr persönlichen Zeugnis eines Lebens, das man so in dieser Form wohl nicht so oft finden wird, das aber auch an manchen Stellen ein wenig einseitig rüberkommt.

Cover des Buches Kaiserhofstraße 12 (ISBN: 9783895614859)
Monsignores avatar

Rezension zu "Kaiserhofstraße 12" von Valentin Senger

Rezension zu "Kaiserhofstraße 12" von Valentin Senger
Monsignorevor 14 Jahren

Ruhig und unprätenzös erzählt hier ein alter Mann eine höchst erstaunliche Geschichte. Eine Geschichte vom Überleben. Seine russischen Vorfahren waren allesamt dermaßen jüdisch, wie man nur jüdsich sein kann. Aktive Kommunisten obendrein. Aus dem zaristischen Russland flohen sie nach Deutschland, wo sie aufgenommen wurden und mehr als nur toleriert wurden. Doch seine Mutter trieb die Assimilation auf die Spitze, sie schuf für die ganze Familie eine völlig neue Identität. Namen, Herkunft, Stammbaum - alles wurde neu geschaffen, denn diese Frau roch förmlich das, was auf sie zukam. - Valentin Senger erzählt, wie die Familie die zwölf Jahre der Barbarei überlebte, Er schreibt von der täglichen Angst, von den vielfältigen Vorsichtsmaßnahmen, von mehrfacher "Beinahe-Entdeckung", vom Glück und von Menschen, die ihnen halfen, die wegsahen und so taten, als wüssten sie nichts. Eine zutiefst menschliche Geschichte, die dieser alte Mann hier ausbreitet, viele Stellen sind sehr anrührend, an einigen Stellen zittert man mit. Das ist keine Abenteuergeschichte, sondern eine Geschichte der Angst und des Schreckens und letztlich des Triumphes.

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