Ein Stück Geschichte
von Traeumerin109
Rezension
In diesem Buch erzählt die Tochter von Anna-Luise, der ältesten Tochter der Familie, basierend auf den Tagebüchern ihrer Mutter, die Geschichte der Sippenhäftlinge. Dabei zitiert sie immer wieder Tagebucheinträge und Briefe oder streut andere Informationen aus verschiedenen Quellen ein. Ein unglaublich erschütterndes und spannendes Buch. Zwar ist allseits bekannt, welche Grausamkeiten unter NS-Herrschaft verübt wurden, jedoch ist ein Bericht einer Betroffenen noch einmal etwas Anderes. Klar und präzise werden die Monate der Haft bis zur Befreiung geschildert. Die Gefühle der Kinder, die früh erwachsen werden müssen, Begegnungen mit anderen Sippenhäftlingen, Krankheiten, zerstörte und immer wieder neu aufkeimende Hoffnung, die Trennung von der Heimat – all dies und noch viel mehr findet Platz in diesem Buch. Die scheinbare Willkür der Behandlung ist ebenso grausam wie das Fehlen jeglicher Informationen über den Verbleib der anderen Familienmitglieder. Jedoch werden auch Bewacher und Soldaten erwähnt, die freundlich den Gefangenen über waren. Wir lernen eine sehr beeindruckende Familie kennen, die ein ganz besonderes Band verknüpft. Aber wir erfahren auch von der Unmöglichkeit, über das Erlebte zu sprechen, nachdem alles vorbei ist. Nach der Befreiung wird die ganze Geschichte mit keinem Wort erwähnt, sie wird totgeschwiegen. Nicht nur von offizieller Seite, auch von den Familien. Gerade deshalb stellt dieses Buch wohl ein wichtiges Stück Geschichte dar, mit der wir alle uns dringend beschäftigen sollten.
Ich kann das Buch wirklich nur weiterempfehlen. Wenngleich in einem christlichen Verlag erschienen, sollten auch diejenigen, die sonst einen Bogen um Bücher aus diesen Verlagen machen, sich damit auseinandersetzen, denn es ist ein Thema, das immer noch alle angeht.