Es gibt Bücher, die den Leser ab dem ersten Satz komplett begeistern und bis zur letzten Seite nicht mehr loslassen. 'Die Macht der Worte' von Vanessa Krypczyk ist so ein Buch. Mir hat es sehr gut gefallen.
'Die Macht der Worte' besteht aus 15 gut geschriebene Kurzgeschichten. Obwohl die Themen sehr unterschiedlich sind und man manchmal nicht explizit gesagt wird, um was es geht - man befindet sich einfach plötzlich in den Gedanken eines Menschen oder in einer Szene, die aber so schnell wieder vorbei ist, dass man zwar die Emotionen sehr intens spüren kann, die Einzelheiten im Verborgenen bleiben - haben sie mir alle sehr berührt. Einige werde ich auch so schnell nicht vergessen.
'Die Macht der Worte' zum Beispiel, über eine Welt, in der nur noch wissenschaftliches Schreiben erlaubt ist, Fiktion und damit auch Phantastik verboten sind. Die absolute Vernunft hat gesiegt was aber nicht unbedingt zu einer schöneren Gesellschaft führt. Oder 'Die Zeugin', was eine kurze Kriminalgeschichte mit einem super überraschenden Ende ist. Einen Text, der mir richtig viel Spaß gemacht hat. Eine Geschichte, wo ich vor Spannung fast gezittert habe, war 'Gewitternacht'. Das war so genial geschrieben, dass man das Gefühl bekommt, selber, statt der Protagonistin, ganz alleine im dunkeln, durch die Wohnung in dem alten Haus zu laufen. Großes Kopfkino.
Es gab aber auch andere Texte. Geschichten, die beim Lesen weh tun, weil sie kurz und kräftig unschöne Themen aufgreifen, die man vielleicht selber auch schon mal miterlebt oder sich zumindest schon mal Gedanken darüber gemacht hat. In 'Furcht' z.B. wird die Protagonistin damit konfrontiert, wie ein ältere Herr von einigen besoffenen junger Männer angegriffen wird. Sie ist ganz alleine und muss sich entscheiden, ob sie ihm hilft oder lieber still bleibt, damit man sie gar nicht bemerkt und sie in Ruhe gelassen wird. In 'Eine Frage von siebenundneunzig Cent' bettelt eine Frau um diesen kleinen Betrag. Da muss sich der Protagonist entscheiden, ob er ihr was gibt oder nicht. Es war schön, zu erfahren, was den beiden Protagonisten während der Geschehnisse durch den Kopf ging und man die ganze Gedanken und Gefühle so nah miterleben konnte.
Die letzte Geschichte 'Der Nachtalb' hat mich dann extrem mitgenommen. Das Ende kam für mich sehr überraschen. Es war ein harter Abschluss dieses Buches, aber es zeigt auch, dass die Autorin es mit nur wenigen Worten schafft die Leser komplett in die Handlung reinzuziehen und sie lange danach auch nicht mehr loszulassen.
Insgesamt ein großartiges, kleines Büchlein mit unterschiedlichen, gut geschriebenen und sehr starke Geschichten. Das Cover springt sofort ins Auge und auch die kleinen Illustrationen nach jedem Kapitel zeigen, dass viel liebe in diese Kurzgeschichtensammlung geflossen ist. Meiner Meinung nach absolut lesenswert!