Als ich "Calini" das erste Mal in die Hand nahm, eine grobe Idee davon, worum es wohl gehen würde, dachte ich mir – nun, wird es eines von diesen Standartwerken, Endzeit, Außerirdische, die Menschheit der Erde am Ende? Oder kann es mit neuen Elementen überraschen?
[Inhalt]
Der Leser stolpert zu Beginn des Buches direkt in das Geschehen der aktuellen Menschheit. Die letzten Überlebenden eines außerirdischen Angriffs haben sich unter den Meeresspiegel geflüchtet und leben in klimatisierten Kuppeln, um ihre Art zu erhalten. Doch entgegen des Zukunftsgedankens der Geschichte erkennt man die Menschen, wie sie für einen gewohnt sind – hinterlistig, auf Profit bedacht und überwachend. Die Oberen kontrollieren genauestens, dass niemand sich gegen sie auflehnt, und schränken dafür einige Menschenrechte ein, ohne dass allzu viele "Normalmenschen" davon überhaupt wissen.
In dieser Welt, dreißig Jahre nach unserer Zeit, begleitet der Leser die junge Aelynn Adams, eine schüchterne Büroangestellte, die in einer der Überwachungsfirmen arbeitet und von Beginn an klarstellt, dass sie dieses System nicht leiden kann, in dem sie leben. Umso überraschter ist sie, plötzlich ein Jobangebot zu bekommen, von dem sie lange geträumt hatte – ihr wird ein Platz als "Sammler" angeboten. Das sind jene Menschen, die als einzige an die Erdoberfläche zurückkehren, um Ressourcen zu sammeln und die Calini auszuspionieren. Jene reptilienartigen, übergroßen, humanoiden Wesen, die damals die Erde scheinbar wahllos angegriffen und alles ausgerottet hatten, was sich ihnen entgegenstellte.
Zusammen mit einem erfahrenen Team macht sich Aelynn dann also auf in eine ungewisse Zukunft, in eine Welt, die sie nie kennengelernt hat. Doch das Idyll hält nicht für lange – der Feind ist überall und ein Zusammenstoß unvermeidlich. Zu allem Überdruss bleibt es nicht nur bei einem Stelldichein mit den aggressiven, fleischfressenden Zweibeinern, sondern sehr schnell wird der Gruppe klar, dass sie mitten in eine Falle gelaufen sind, die jedoch nicht mit dem Tod, sondern der Gefangenschaft endet.
Eigentlich machen Calini keine Gefangenen. Und Aelynn entdeckt, dass das Bildnis, das ihnen jahrelang über diese Wesen eingegeben wurde, nur eine Maske ist, die den Calini aufgedrückt worden war. Genauso wie ihr die grausame Wahrheit, der Grund der Invasion offenbar wird.
[Aufbau, Sprache und Charaktere]
Für gewöhnlich haben die meisten Bücher ein gewisses Vorgeplänkel, das erklärt, wo man ist, wer die ersten Charaktere sind und was etwa auf einen zukommen könnte. Es geht dann langsam über in den Hauptteil und die Geschichte fängt richtig an. "Calini" verzichtet darauf komplett. Der Leser landet mitten im Geschehen und bekommt alle notwendigen Infos nebenher, während die Story bereits in vollem Gange ist. Trotzdem kommt kein Detail zu kurz und man hat nicht das Gefühl von Verwirrung, weil man sich erst orientieren müsste.
Liebevoll nimmt die Story den Leser an die Hand und lässt ihn niemals planlos stehen. Was man wissen muss, wird einem erklärt, was man sehen soll, wird beschrieben, und das stets so, dass es verständlich und vorstellbar bleibt.
Die Charaktere sind sehr bewusst und durchdacht gestaltet, genauso wie die Hintergründe der Rasse "Calini". Hier kommen weder Fantasy- und Sci-Fi-Fans, noch nachdenkliche Biologen zu kurz. Es gibt keine Ecken und Kanten, alles wirkt logisch und nachvollziehbar. Die Interaktion von Mensch und Calini ist faszinierend und bannt den Leser, während er dem Geschehen folgt.
Wer von dieser Sci-Fi-Endzeit-Geschichte klassische Elemente erwartet, der wird sie finden. Viel schöner aber ist die Vernetzung dieser Klassiker, aus der etwas völlig Neues hervorgeht. Gepaart mit Überraschungen und Geschehnissen, mit denen man absolut nicht gerechnet hat, ergibt sich ein spannendes Buch, an dessen Ende man hofft, dass es nicht zuende geht.
Mein persönliches Fazit:
Ich habe "Calini" in die Hand genommen und es nur weggelegt, wenn ich musste. Normal bin ich zwar offen für Sci-Fi und verfolge auch das ein oder andere, doch generell ist es eigentlich nicht mein Gebiet. Dieses Buch jedoch interessierte das überhaupt nicht. Es hat mich gefesselt und dafür gesorgt, dass ich stets wieder gespannt daran las, wann immer ich Zeit erübrigen konnte.
Charaktere und Story sind so liebevoll und durchdacht entwickelt, dass es Spaß macht, ihrem Treiben zu folgen, und dass man stets wissen möchte, wie es weitergeht. Wer dieses Buch in die Hand nimmt mit der Erwartung, etwas zu lesen, "wie er es bestimmt schon von irgendwo her kennt", wird enttäuscht werden. "Calini" hat seinen ganz eigenen Charme und seine eigene Art, Außerirdische und Menschen zu verbinden. Dabei verschwinden klassische Sci-Fi-Elemente in einer Kombination mit den Ideen der Autorin und ergeben so etwas völlig Eigenes.
Am Ende saß ich nur da und dachte – wie, schon vorbei? Das Buch ist jetzt nicht wirklich zuende, oder?
Glücklicherweise nicht, denn aus sicheren Quellen ist bekannt, dass "Calini 2" schon in Arbeit ist.
Allen Freunden von Sci-Fi und Außerirdischen kann ich dieses Werk nur wärmstens ans Herz legen. Ihr werdet es nicht bereuen.