Rezension zu "Liebe mit Siebzig" von Vanna Vannuccini
Auch für Frauen gilt: Liebe hält jung!
Dass „Essen die Sexualität des Alters ist“, war lange Jahre ein geflügelter Spruch. Das eben Menschen, welche die 60, 65 überschritten haben, sich den „einzig verbleibenden sinnlichen Genüssen“ zuwenden und ihre Sinnlichkeit in den führenden Restaurants ausleben.
Dies gilt in der öffentlichen Wahrnehmung für „ergraute“ Männer schon lange nicht mehr.
Der Klassiker des „souveränen, gereiften Mannes“, der sich (fast) „zum Lebensende“ hin der Liebe und Erotik (vornehmlich mit einer jüngeren Frau) noch einmal (und endlich ganz und gar und richtig, da nicht mehr durch „Karriere“ abgelenkt) „hingibt“, das ist (fast) schon Alltag in der Gesellschaft. Ältere und alte Männer, die als „Liebespartner“ (durchaus auch im erotischen Sinne) attraktiv scheinen, sind zahllos. Und nicht wenige dieser Männer werden in den gereiften Jahren auch noch einmal Vater. Ein klares Statement an die „Welt da draußen“ darüber, dass man auch in sexuellen Dingen noch „seinen Mann steht“.
Die Geschmäcker mögen da auseinander gehen, aber klar ist, dass eine solche Verlängerung des „erotischen“ Lebens nicht nur Männer betrifft, sondern ebenso auch Frauen. Dies allerdings ist in der öffentlichen Wahrnehmung noch lange nicht alltäglich und wird mit sehr gemischten Reaktionen bedacht, Eine „alte Frau“ gar als „Gespielin im Bett“?
Aber ja.
Und gut ist es, dass Vanna Vannuuccini dieses Thema in ihrem ruhigen, freundlichen Stil aufgreift und die (Liebes-) Lage älterer Frau wunderbar zu beschreiben versteht. Und noch besser ist, dass Vannuccini hier keine rein theoretische Abhandlung vorlegt, sondern so manche „Betroffene“ zu Wort kommen lässt, so dass der Leser aus erster Hand mitten hineingeführt wird in jene „Schmetterlinge“ im Bauch, die keineswegs sich nur auf „gute Gespräche“ und „warme Freundschaft“ alleine beziehen.
Bis dahin, dass eine der „älteren“ alten Frauen im Buch nun auf gar keinen Fall auf „straffe Haut“ und wesentlich jüngere Männer verzichten möchte (oder würde). Sexuell gesehen, versteht sich.
Liebesgeschichten sind es, die Vannuccini sammelt, erzählt und kommentiert, die, erstaunlicherweise, wenig Unterschiedlichkeiten zu jenen „ersten Lieben“ und jenem „ersten Begehren“ der jungen Jahre aufweist. „Große Lieben“ werden gefunden, emotional zittrig sich angenähert, alte „große Lieben“ finden sich wieder. Ein ganzer Reigen unterschiedlicher Geschichten und unterschiedlicher Frauen, der sich im Buch zu einem Ganzen verdichtet.
Ein Buch, das zeigt, dass Liebe und Erotik, geistige und körperliche Anziehungskraft, in jedem Alter ans Licht und ins Leben drängen.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich weiß natürlich, dass du nicht mehr so jung bist wie damals, ich bin ja auch älter geworden. Aber für mich bist Du zauberhaft, ein Bild von Botticelli, ein wunderbares Wesen.“
Und als Antwort kommt: „Vielleicht interessiert es Dich zu erfahren, dass ich mir heute ein entzückendes blassrosa Neglige gekauft habe“.
Ein wunderbares und sehr lesenswertes Buch.