Wenn etwas Surreal ist, ist es nicht realistisch. Und doch sind die Geschichten von Vassil Georgiev genau das: realistische Surrealität. Ja, das mag unstimmig klingen, nicht wissend worüber ich schreibe. Und doch ist dem nicht so, denn trotz einiger verschobener Wirklichkeiten basieren die Geschichten im Buch auf der Vergangenheit, auf dem was ist und richten den Blick auf etwas, das sein könnte.
Der Autor verbindet wahre Ereignisse mit seiner Fantasie. Bulgarien.
Unterdrückung, Krieg, Kommunen. Von Entscheidungen und dem Vergessen. Sehnsüchte und Ängste. Geschichten die kaum in eigenen Worten wiedergeben werden können, Eindrücke die schwer einzufangen sind.
"Ein ehrliches und rechtschaffenes Leben existiert nur im Bild, das man in den Augen der anderen Menschen zu entwerfen vermag!"
(S. 114)
Schmerzvolle Wahrheiten und Doppeldeutungen begegneten mir in den verschiedensten Geschichten. Verfall ist ein Zerfall von Mauern. Ein einreißen von verschönten Abbildern des wahren Kerns. Es geht um die Vielschichtigkeit der Realität. Seiner, meiner, die der anderen. Es fordert ohne zu überfordern. Die Texte sind Bedeutungsschwanger. Mal sehr leicht zu lesen, mal herausfordernd. Intelligent, humorvoll und doch ernsthaft. Diese Kurzgeschichten sind kurz, aber nicht kurzweilig und schon gar nicht für zwischendurch.
An dieser Stelle mehr zum Inhalt oder meinen Eindrücken zu schildern, nimmt zu viel vorweg und schlimmer noch, es zerstört die Schönheit des geschrieben Wortes
Das Vorwort sollte erst nach dem Buch gelesen werden. Es beantwortet Fragen die beim Lesen entstehen, es greift aber auch eigenen Erkenntnissen vor. Und es beeinflusst die eigenen Gedanken, auch wenn es der Orientierung der Texte dient, dies jedoch braucht es nicht, um den Inhalt zu verstehen. Stellenweise brauchte ich, um mich hineinzufinden, mich zu orientiert. Ein wenig über Buchstaben gestolpert, aber am Ende mehrere Lieblingsgeschichten mitgenommen.