England, 1810: Isabell verbringt mit ihrem Bruder Peter eine unbeschwerte Jugendzeit auf dem elterlichen Landsitz Kennhill. Sie ist ein Wildfang, die gerne ausreitet und nicht sehr viel von Konventionen hält. Fünf Jahre später, als England mobil macht, da Napoleon aus der Verbannung auf Elba geflohen ist, entschließt sich Peter, sich dem Militär anzuschließen, sehr zum Leidwesen seiner Schwester, die in Soldaten Meuchelmörder sieht und diese daher verabscheut. Ausgerechnet der Neffe einer guten Freundin ihrer Mutter, der hoch dekorierte Soldat Edward Langley, möchte Isabell zu seiner Frau nehmen, ein Ansinnen, das von ihren Vätern gutgeheissen wird. Durch ihre Abscheu allem Militärischen gegenüber und einer Reihe persönlicher Schicksalschläge verweigert sich Isabell dem Werben von Edward, der sich zudem in der nahen Vergangenheit ihr gegenüber ziemlich unverschämt benommen hat. Doch dieser gibt nicht auf, um ihr Vertrauen zu kämpfen – es beginnt ein schmerzhafter Weg der Annäherung.
Als ich das Buch in den Händen gehalten habe, fiel mir direkt die hochwertige Verarbeitung des Buches positiv auf. Das Cover ist sehr passend gewählt, da Briefe im Buch eine wichtige Rolle spielen, außerdem gibt es auf der Innenseite des Buchrücken ein Personenregister, das die Orientierung in den ersten Kapitel erleichtert, da ich sonst durch die etlichen Verwandtschafts- und sonstigen Beziehungen bei den zahlreichen Handlungspersonen wahrscheinlich etwas den Überblick verloren hätte.
Die Sprache des Buches ist etwas antiquiert und passt damit perfekt zu der Zeit des 19. Jahrhunderts. Das Buch läßt sich flüssig lesen und durch die dramatischen Ereignisse konnte ich es oftmals kaum aus den Händen legen. In der Mitte des Buches brauchte ich allerdings eine kurze Pause, da mir die Entwicklung teilweise zu lang und zu schmerzhaft wurde. Der Handlungsverlauf ist sehr komplex und wartet mit einem dramatischen Ende auf, das mir sehr gut gefallen hat.
Wie schon geschrieben, betreten zahlreiche Figuren die Bühne, die abwechslungsreich und liebevoll gezeichnet sind: im Vordergrund stehen dabei die junge Isabell, die die Unschuld vom Lande verkörpert. Sie ist eher unkonventionell und etwas weltfremd, ein Versäumnis ihrer Mutter, die lieber ihre Zeit auf dem Pferderücken und in Kirschbäumen verbringt. Zusammen mit ihrem Bruder Peter, der für sie der wichtigste Mensch in ihrem Leben ist, und den gemeinsamen Freunden Andrew und Betty, geniesst sie das Landleben. Mit ihrer Verachtung gegenüber Krieg und allem, was dazu gehört, hält sie nicht hinter dem Berg und tritt dabei mehr als einmal ins Fettnäpfchen, sehr zum Leidwesen von Peter. Durch die persönlichen Schicksalschläge, die sie innerhalb kurzer Zeit hinnehmen muß, und der Anwesenheit ihres Onkels Samuel und dessen Frau Elizabeth verliert Isabell jegliche Lebenslust. Isabell hat in mir die verschiedensten Gefühle ausgelöst: Freude über ihre Unbeschwertheit, Entsetzen und Mitleid über ihr Schicksal und ihre Selbstzerfleischung, manchmal auch Zorn über ihre Hilflosigkeit, aber auch Unverständnis, was ihre Eifersucht bzw. ihre Weigerung, Edward mehr zu vertrauen, angeht.
Ihr gegenüber steht Edward Langley, 10 Jahre älter als Isabell, ein erfahrener Soldat, der mehrere Verletzungen aus den Schlachten nach Hause brachte. Edward kann sehr liebenswürdig und galant sein, aber auch schnell jährzornig bis zur Raserei, die ihm ohne den mässigenden Einfluss seines Adjutanten und Freundes Jason Billingham manches Mal Ärger eingebracht hätte. Bei Isabell hat er mit seiner Werbung einen schweren Stand, nicht nur weil er Soldat ist, sondern da er sich ihr gegenüber ziemlich daneben benommen hat, um ihr einen Denkzettel zu verpassen. Als er mit der Hilflosigkeit Isabell konfrontiert wird, ist er hin- und hergerissen zwischen Scham und dem Wunsch, ihr zu helfen – er entscheidet sich dafür, ihr in das Leben zurückzuhelfen. Der Weg ist jedoch lange und schmerzhaft.
Aber auch die zahlreichen Nebenfiguren konnten mich überzeugen: allen voran der Ire Jason Billingham, der vom Adjutanten Edwards zu dessen Vorgesetztem aufsteigt und der ihm immer ein treuer Freund ist, auf den sich Edward voll und ganz verlassen kann. Er ist auch der Einzige, der Edward immer wieder den Spiegel vorhält, auch wenn die Wahrheit Edward nicht immer passt.
Eine weitere Nebenfigur, die mir sehr gut gefallen hat, ist Lady Hendrika, deren Schwester die beste Freundin von Isabells Mutter Evelyn war, und die sich damit für das Schicksal von Isabella verantwortlich sieht. Mit weiblichem Geschick zieht sie im Hintergrund die Fäden und kann, wie Billingham, immer wieder mäßigend auf Edward einwirken.
Gut gelungen ist auch Isabells Onkel Samuel, ein widerwärtiges Scheusal, der immer als Bedrohung über Isabells und Edwards gemeinsame Geschichte liegt. Aber auch die Töchter von Lady Hendrika: Anastasia, die ihr Ziel, angemessen in die Gesellschaft zu heiraten und dabei eines sehr gute Partie zu machen, zielstrebig verfolgt, dabei aber immer wieder ein Auge auf Edward wirft. Franziska, die ich am natürlichsten empfunden habe, da sie nicht die gleichen ehrgeizigen Ambitionen wie Anastasia hat und immer zu Isabell hält. Und die jüngste Tochter, Josephine, die eher schüchtern ist und im Schatten ihrer älteren Schwester steht.
Das Buch ist ein gelungener Gesellschaftsroman, der dem Leser viel über die Lebensart in England in den Jahren 1810 – 1816 sowie die politischen Grundlagen der damaligen Zeit vermittelt. Darüber hinaus wird der schmerzhafte Weg der Annäherung zweier verletzter Seelen beschrieben, der unter die Haut geht.