Story:
Schon seit frühster Kindheit hat Ben die Fähigkeit mit Pflanzen zu sprechen, diese zu heilen und zum Wachsen zu bringen. Woher er diese enge Bindung hat, weiß niemand, bis er eines Tages in einer Gefahrensituation ein Portal in die mystische Welt Mytherra öffnet und gemeinsam mit einer Freundin in den Schimmerwald gelangt. Dort leben vorwiegend Zentauren, die Menschen zutiefst verachten. Auch der Zentaur Hektor, selbst ein Außenseiter, da er eine menschliche Form annehmen kann, hasst Menschen zutiefst, ist sein Bruder doch einst der Liebe wegen aus Mytherra geflohen. Entsprechend wenig begeistert ist es, als er Ben und seine Begleitung findet, insbesondere als klar wird, dass die beiden ohne Hilfe der Götter nicht zurück in ihre Welt gelangen können. So stimmt er zu, Ben zum Olymp zu bringen, ohne zu ahnen, dass ihn diese Reise grundlegend verändern wird.
Eigene Meinung:
Der Einzelband „Im Sternbild des Zentauren“ erschien im November 2020 im deadsoft Verlag und stammt aus der Feder von Verena Rank. Die knapp 350-seitige Geschichte um Ben und Hektor spielt bis auf wenige Szenen in Mytherra, einer Welt die an die griechische Mythologie angelehnt ist. So greift die Autorin auf griechische Gottheiten und einige mystische Wesen zurück, die die Welt Mytherra bevölkern.
Die Geschichte entführt den Leser in die fantastische Welt Mytherra, in der mystische Wesen leben und ihren ganz eigenen Regeln und Gesetzen folgen. Gerade die Zentauren verachten die Menschen, jeder Kontakt zwischen Mensch und Zentaur wird ausnahmslos mit dem Tod bestraft. Das Hektor zu Beginn der Reise Ben und seine Begleitung verachtet ist daher sehr gut verständlich, zumal auch persönliche Gründe eine Rolle spielen, immerhin hat er seinen Bruder an eine Menschenfrau verloren. Erst die gemeinsame Reise bringt die beiden näher zusammen, zumal sich Ben als Halbgott entpuppt, also teilweise aus Mytherra stammt. Insgesamt ist die Handlung logisch aufgebaut und lässt sich gut verfolgen, allerdings mangelt es an wirklicher Spannung und Action. Erst auf den letzten 50 Seiten nimmt die Geschichte an Fahrt auf, endet jedoch so abrupt und schnell, wie sie begonnen hat. Bis dahin liegt der Fokus auf der wachsenden Beziehung zwischen Ben und Hektor, bei der man, trotz aller Längen, den Eindruck hat sie verlieben sich „von jetzt auf gleich“ ineinander. Hauptgrund ist wie bei den meisten Gay Romance Geschichten das perfekte Aussehen der Männer – gefühlt ist das der einzige Grund weswegen sich die beiden füreinander interessieren. Das ist schade, denn im Grunde hätten beide mehr zu bieten, als nur auf ihr Äußeres reduziert zu werden. Sobald sie sich zueinander bekannt haben, steigt auch die erotische Komponente massiv an, denn viel mehr als miteinander zu schlafen, machen die beiden leider nicht. Die Probleme sind quasi vorprogrammiert – als Leser*in wartet man förmlich darauf, dass die Zentauren ihre Liebe zueinander mitbekommen (was natürlich auch passiert). In dem Punkt ist die Geschichte leider sehr vorhersehbar gestrickt, die Auflösung dafür umso hektischer und abrupter. Jegliche Spannung und interessante Wendung wird im Keim erstickt – die Tatsache, dass Wandler etwas Besonderes sind, wird oft erwähnt, aber nicht ausgeführt. Der unbändige Hass der Zentauren auf Menschen wird nicht gelöst oder zumindest ein wenig abgebaut, sondern eher verschärft (zumal es auch noch einen Toten gibt, der ziemlich schnell vergessen wird). Das ist schade, denn gerade diese Punkte hätten der Geschichte viel mehr Konsistenz und Spannung geben können.
Die Figuren bleiben leider ähnlich flach wie die Geschichte und folgen den klassischen Stereotypen – Ben ist gut aussehend, hat besondere Fähigkeiten und verliebt sich in Hektor, weil dieser ihn optisch vollkommen anspricht. Ansonsten erfährt man nicht viel über ihn, aber man kann seine Gedanken und Gefühle halbwegs verstehen. Hektor ist weniger gut nachvollziehbar – er ist der klassische Märtyrer, der trotz aller Schwierigkeiten an einem Leben festhält, das ihm nur Verachtung und Schmerz bringt. Dass er Ben nicht begleitet, als er die Möglichkeit hat, ist für den Leser vollkommen unverständlich und absolut nicht nachvollziehbar.
Die übrigen Figuren geben einen passenden Rahmen, bleiben aber leider recht blass. Gerade die Götter sind nur bedingt zu verstehen,
Stilistisch legt Verena Rank ein solides Werk vor. Sie hat einen sehr flüssigen, gut lesbaren Schreibstil und beschreibt die Welt Mytherra sehr bildhaft und für die Leser*innen nachvollziehbar. Man kann sich den Schimmerwald mit all den Bewohnern gut vorstellen, auch Dialoge und ruhige Szenen liegen gehören zu ihren Stärken. Leider besticht die Geschichte zum Ende hin vorwiegend durch erotische Szenen, die zwar ebenfalls gut geschrieben sind, jedoch einfach zu sehr das Geschehen bestimmen. Anstatt den Konflikt zwischen Zentauren und Menschen zu beleuchten und nach einer Lösung zu suchen, liegt der Schwerpunkt auf dem Sex zwischen Ben und Hektor. Auch der mythologische Aspekt ist nicht ganz ausgereift, gerade wenn es um die griechischen Götter geht – diese spielen nur am Rande ein Rolle, ihre mythologischen Stärken und Hintergründe kommen gar nicht zum Tragen. Das ist schade, denn hier verschenkt die Autorin einiges an Potenzial.
Fazit:
„Im Sternbild des Zentauren“ ist ein solide geschriebener Roman mit fantastischen Elementen, in dem die Liebesgeschichte klar im Fokus liegt. Es geht vorwiegend um die Beziehung zwischen dem Halbgott Ben und dem Zentaur Hektor, die sich zunächst nicht ausstehen können und später auf ewig zueinanderfinden. Die wenigen spannenden und handlungstragenden Handlungselemente werden leider kaum ausgebaut und spielen kaum einen Rolle, ebenso wenig wird die griechische Mythologie glaubhaft in die Geschichte eingewoben. Das ist schade, denn so verschenkt Verena Rank eine Menge Spannung, Tiefgang und Potenzial. Wer Romane sucht, die die griechische Mythologie aufgreifen, sollte zunächst einen Blick in die Leseprobe werfen, wer ein Buch von Verena Rank lesen möchte, dem sei „Eine riskante Mission“ zu empfehlen. „Im Sternbild des Zentauren“ konnte mich leider nicht so recht überzeugen …