Rezension zu "Afghanistan. Deutschland. Ich" von Hassan Ali Djan
Erzählt wird die Lebensgeschichte des 26jährigen Hassan Ali Djan, der vor 10 Jahren nach Deutschland kam; illegal auf dem Landweg, versteckt im Ersatzreifen eines LKWs, den er in Griechenland bestieg. Er war damals noch minderjährig und kam auf sich allein gestellt. Deutschland wurde eher zufällig zu seiner neuen Heimat, da der besagte LKW eben hierher gefahren war.
Das Buch erzählt von seiner Kindheit in einem kleinen Dorf in Afghanistan, vom frühen Verlust seines Vaters und der anschließenden Verantwortung für ihn als ältester seiner Geschwister, für den Unterhalt der Familie zu sorgen. Dies tat er quasi noch als Kind für einige Jahre in Teheran, bevor er sich, wie viele andere seiner Freude, zur Flucht in ein besseres Leben nach Europa entschied. Das Buch beschreibt diesen kostspieligen und beschwerlichen Weg über die Türkei und Griechenland.
Der größere Teil des Buches beschäftigt sich jedoch mit seiner Ankunft in Deutschland, dem zermürbenden Warten auf eine Aufenthaltsgenehmigung und als er diese überraschend erhält, seine Integration in eine für ihn zunächst sehr befremdlich wirkende Gesellschaft.
Man könnte Hassan Ali Djan durchaus als sogenannten „Wirtschaftsflüchtling“ bezeichnen. Das deutsche Asylverfahren ist ja von außen nicht immer gut durchschaubar und so hat er vielleicht einfach Glück gehabt, die Erlaubnis zu erhalten, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können. Doch diese Chance hat er für sich rundum genutzt. Bereits mit unsicherem Status lernt er die deutsche Sprache. Er setzt seine ganze Kraft in seine schulische Ausbildung und wird vom Analphabeten zum stolzen Mann mit Mittlerer Reife, der auch eine anschließende Lehre erfolgreich abschließt.
Nebenbei ist er immer wieder bereit, Nebenjobs bis zur physischen Belastungsgrenze anzunehmen, um seine Geschwister in der alten Heimat unterstützen zu können und sich letztendlich auch der Flug zum Besuch seiner Familie zusammen zu sparen. Ein Wiedersehen nach einem halben Leben Abstinenz.
Hassan Ali Djan hat sozusagen die Kurve bekommen, durch Fleiß und persönlichen Einsatz. Er wird gerne als Beispiel gelungener Integration zu entsprechenden Veranstaltungen eingeladen. Schön ist es auch zu lesen, dass er fast ausschließlich von guten Erfahrungen mit Deutschen während seiner ersten Zeit als gänzlich Fremder berichtet.
Mir ist der Autor beim Lesen sehr sympathisch geworden. Er erzählt seine Geschichte gut nachvollziehbar.
Dieses Jahr nähert sich die Anzahl der Asylsuchenden in Deutschland wieder einer Rekordmarke. Werden auch einige Menschen darunter sein, die ein ähnlich ermutigendes Buch in 10 Jahren zu schreiben befähigt sind?
Fazit: Schriftstellerisch kein Highlight, aber vom Informationsgehalt durchaus lesenswert und sicherlich ein nützlicher Beitrag zur aktuellen Diskussion.