Cover des Buches Allegiant (ISBN: 9781410467843)
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Rezension zu Allegiant von Veronica Roth

Leider Zeitverschwendung

von oszillieren vor 8 Jahren

Rezension

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oszillierenvor 8 Jahren

[Diese Rezension beinhaltet kleine, allgemeine Spoiler. Ich verrate jedoch nicht die wichtigsten Ereignisse oder wie die Geschichte ausgeht.]

Ich habe in meinem Leben Hunderte und Aberhunderte Bücher gelesen, aber selten ist mir etwas so Abstruses untergekommen.


Dabei bin ich schon absichtlich mit geringen Erwartungen an „Allegiant“ herangegangen. Mir war klar, dass ich es nicht mit einer Perle der Weltliteratur zu tun haben würde, aber zumindest unterhaltsam würde es doch werden? Wäre das Buch nur langweilig gewesen, hätte ich das irgendwie akzeptiert. Aber es gibt so viele Logikfehler, dass es wehtat.


Hier kommen die Punkte, die ich besonders implausibel fand.


- Genetik

Während des Lesens, dachte ich, ich sei einfach zu doof, um die Sache mit den Genen zu kapieren. Trotzdem musste ich irgendwann stutzen. Veronica Roth hat ja selbst zugegeben, dass sie beim Schreiben von „Divergent“ noch nicht wusste, wie die ganze Geschichte ausgehen soll. Es ergibt keinen Sinn, Menschen in Fraktionen aufwachsen zu lassen und dann zu hoffen, dass sich die genetischen „Defekte“ nach ein paar Generationen neutralisieren. Und wenn man schon die Technologie besitzt, um jemandem "gute" Gene einzupflanzen--wieso heilt man die Menschen nicht gleich komplett?

Wenn die Menschen in Chicago geheilt werden und wieder "gesunde" Menschen werden sollen, wieso werden in den Fraktionen die unterscheidenden Werte und Merkmale auch noch gefördeert? So wird zB den Amity von klein auf beigebracht, friedliebend, sanft und neutral zu sein--dabei soll doch genau diese Passivität aus den Amity "herausgezüchtet" werden!

Kurzum: Das Fraktionssystem aus Buch 1 passt einfach nicht zu dem Gen-Plot aus Buch 3.


- Die Charaktere

Ich habe die ersten beiden Bücher gelesen wegen der Handlung, wegen den Fraktionen, wegen des Geheimnisses, das sich hinter dem Zaun verbirgt. Die Charaktere sind mir nie ans Herz gewachsen, mir von Anfang bis Ende zu eindimensional und langweilig gewesen. Daher hat es mich emotional nicht berührt, wenn sich in "Allegiant" Hauptfiguren streiten, voneinander entfernen und der ein oder andere am Ende sein Leben lassen muss. Die einzige emotionale Reaktion, die zB Tris mir entlocken konnte, war Abscheu ... weil sie sich unreif, unethisch, uneinsichtig und selbstgerecht verhält. Und als sie dann etwas Gutes tut, ist es messianisch bis zum Äußersten. Und – wie sich später herausstellt – völlig unnötig und sinnlos. Nicht emotional habe ich mich betrogen gefühlt, sondern intellektuell.

Christina, Peter, Caleb – die sind irgendwie da, sagen ab und zu mal was und verschwinden wieder von der Bildfläche. Schade! Ich hätte gerne mehr über Peter erfahren, er war als einer der wenigen interessant und ausbaufähig. Caleb soll zumindest gegen Ende eine größere Aufgabe zufallen, aber Schwesterchen kann nicht zulassen, dass er sich heroischer als sie verhält und schnappt ihm die letzte Chance Buße zu tun vor der Nase weg.

Und Four? Ist nicht mehr er selbst. Ein Fähnlein im Wind. Eigentlich ist es fast interessant … sein ganzes Selbstverständnis beruht auf seiner Zugehörigkeit zu Dauntless und der Loyalität der Stadt gegenüber. Nimmt man ihm die Fraktion UND die Stadt, in der es sich so sicher gelebt hat, ist es eigentlich nur logisch, dass er sich ändert. Aber wie aus einem selbstbewussten Anführer ein Mitläufer wird, der sich einfach so in die nächste Rebellion stürzt … das kann man einfach nicht machen . Meiner Meinung nach wollte Veronica Roth bestimmte Handlungsstränge unbedingt umsetzen, auch wenn das bedeutete, Hauptfiguren komplett zu „verbiegen“.


- Sinnlose Beschreibungen

„Person A fuhr sich durch die Haare.“ Person B biss in einen Apfel“. „Person C schaute aus dem Fenster.“
Okay. Und was soll ich damit nun anfangen? In den ersten paar Kapiteln dachte ich noch, auf solche Details achten zu müssen. Es wird ja wohl irgendeine Bedeutung haben müssen oder eine Vorahnung sein, wenn beschrieben wird, dass und wie jemand etwas tut. Aber Fehlanzeige. Diese Beobachtungen halfen noch nicht einmal dabei, die Stimmung/Atmosphäre näher zu schildern, da es null, wirklich null Bedeutung hat, wenn Four auf einer Pritsche sitzt und sich durch die Haare fährt. Oder Christina irgendetwas isst. All das dient nur dazu, Seiten zu füllen.


Sonstiges:


•Fehlende Neugier: Was ist mit dem Rest der Welt? Ich fand es extrem unbefriedigend, dass nicht erwähnt wird, was rund um den Globus geschehen ist. Eine ganze Welt steht den Kids nun offen, aber sie beschränken ihren Gedankenhorizont auf kleinliche Rebellionen. Ebenso wenig verstehe ich, wieso sich in 200 Jahren niemand getraut hat, die Stadt zu verlassen.

•Dafür, dass der Roman Jahrhunderte in der Zukunft spielt, ähneln Sprache und Kultur dem heutigen Nord-Amerika einfach zu sehr. Es ist, als ob es kaum Entwicklung gegeben hätte. Stellen wir uns mal vor, Leute aus dem Jahr 1816 würden in unsere Zeit reisen--würden die sich auch so schnell akklimatisieren wie Tris und Co.?

•Bonus: ACHTUNG SPOILER bezügl. Peter: Gegen Ende will Peter das Vergessens-Serum trinken. Er fragt Four (sinngemäß) "Wie viel soll ich trinken, was meinst du?" Und Four antwortet "Das wird wohl egal sein." FACEPALM! Wenn es egal wäre, wieso besteht eine Ration dann aus mehreren Millilitern? Das ist zwar nur eine Nebensächlichkeit, die aber exemplarisch dafür ist, wie wenig durchdacht dieser Roman ist – im Großen wie im Kleinen.


Kann man eigentlich etwas Positives sagen? Eigentlich müsste man nur einen Punkt vergeben. Einen Trostpunkt gibt es aber dafür, dass endlich mal ein Mädchen im Mittelpunkt eines Science Fiction-/Actionromans steht.

Ich selbst bin wahrscheinlich zu sehr "Candor" und "Erudite" um diesem Buch viel abzugewinnen. Leid tun mir die wahren Fans, die so ein Ende der Trilogie nicht verdient haben.

Abschließend empfehle ich folgende großartige (englischsprachige) Rezension, die die unerfreulichen Schwächen des Buches detailliert aufzeigt:

http://www.amazon.com/gp/customer-reviews/RX9IWT6KYAJHR

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