Rezension zu "Die Festung" von Veronika Grohsebner
Der 6. Band der Benjamin-Coleman-Reihe von Veronika Grohsebner führt den Leser in eine Unterwelt der grausigsten Art. Der junge Lieutenant Ben Coleman ist Gefangener einer riesigen mafiösen Organisation, die unter dem Deckmantel der Medizin Menschen als Organspender, Leihmütter und Versuchskaninchen missbraucht. Um seine Mitgefangenen zu schützen, lässt er sich auf einen Deal ein, der ihn fast das Leben kostet.
Nicht nur seine Kollegen von den Special Troops und die Polizei suchen nach dem Entführten. Auch Gangmitglieder, die ihm zu Dank verpflichtet sind, beteiligen sich an der langwierigen und aufreibenden Suche.
In seiner Gefangenschaft gelingt es ihm, den einen das Leben zu erhalten und den anderen in ihren letzten Momenten Trost zu spenden. Möglich ist ihm das durch seinen Glauben, der in dieser Prüfung allerdings auch an seine Grenzen kommt.
Der Leser wird in diesem Band mit abgründiger Bosheit konfrontiert. Dabei werden weniger Gewaltexzesse selbst beschrieben, mehr ihre körperlichen und seelischen Folgen. Die Autorin nimmt den Leser einerseits mitten ins Geschehen (das Buch ist nichts für allzu Zartbesaitete), andererseits ist sie nie aufdringlich in ihren Schilderungen.
Die Täter werden nicht alle ausschließlich böse dargestellt. Psychologisch glaubhaft schildert Grohsebner, daß einer der Hauptschurken außerhalb dieser Mafia wirklich hilfreich wirkt und manch anderer auch barmherzig handeln kann.
Es geht wie in den anderen Bänden immer wieder um religiöse Themen aus katholischer Sicht: Um Opferbereitschaft, Liebe (auch Feindesliebe), Vergebung, Gebet und Vertrauen, und mehr als in den vorhergehenden Bänden um die Theodizeefrage. Der gekreuzigte Heiland ist die Schlüsselfigur, ohne daß das Buch jemals ins traktätchenhafte abgleitet.
Man sollte das Buch allerdings nicht zur Hand nehmen, wenn eine unaufschiebbare Arbeit zu erledigen ist. Ich habe es vom Erhalt bis zur letzten Seite kaum aus der Hand legen können.