Rezension zu "Gefühle surfen - Eine Reise zu dir selbst" von Veronika Stegmüller
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Bei diesem Buch handelt es sich um ein Selbsthifebuch, das sich mit der Emotionsregulation und -bewältigung beschäftigt und von einer ausgebildeten Psychotherapeutin als Autorin geschrieben wurde. Und letzteres merkt man dem Buch auch an, denn die Sprache und Erläuterungen wirken nicht nur sehr professionell, sie basieren auch tatsächlich auf gängigen Interventionen, die in der Psychotherapie ihre Anwendung finden. Und das hat direkt einen sehr positiven Eindruck bei mir hinterlassen, weil man merkt, dass Stegmüller auf ihre beruflichen Erfahrungen zurückgreifen kann und ihre Übungen praxiserprobt sind.
Das Buch selbst ist mit seinen 200 Seiten eher dünn, umfasst dabei aber eine ganze Bandbreite an Themen, die in Zusammenhang mit der Emotionsregulation stehen.
Zu Beginn wird einem psychoedukativ vermittelt, wofür Gefühle eigentlich gut sind und sie mit unterschiedlichen Techniken (allen vor an dem titelgebenden "Wellen Surfen") bewältigt werden können. In späteren Kapiteln folgen dann Erläuterungen und Übungen zum Thema Achtsamkeit, Selbstfürsorge und dem inneren Kritiker.
Aus meiner Praxiserfahrung kann ich bestätigen, dass das alles Themen sind, die mir in nahezu jeder Therapie früher oder später begegnen und viele der Interventionen wende ich dabei ebenfalls an, sodass Stegmüller mit ihrem Buch vermutlich bei vielen ins Schwarze treffen wird.
Das einzige, das ich dem Buch ankreiden würde, ist der Umstand, dass viele der Übungen sehr simpel erscheinen und auch ihr Sinn und Zweck beim Lesen einleuchtend klingen, aber in der Umsetzung ist vieles davon gar nicht so einfach, wie es den Anschein macht.
An einer Stelle im Buch schreibt sie zum Beispiel (frei erinnert), dass wir reflektieren sollen, welche Bedürfnisse in unserer Lebensgeschichte von unseren Bezugspersonen nicht erfüllt wurden, sodass sie nun in der Gegenwart dazu führen, dass wir manchmal Gefühle empfinden, die nicht situationsadäquat sind. Damit hat sie absolut recht, diesen biografischen "Rucksack" tragen wir sicherlich alle mit uns, aber das klingt in wenigen Sätzen so einfach, setzt meiner Meinung nach aber eine riesige Reflexionsfähigkeit, sowie auch eine gute Expertise im Wahrnehmen und Einordnen von Gefühlen voraus, die erfahrungsgemäss sehr viele Menschen nicht (ohne eine längere Therapie) besitzen. Das, was hier als einfache "Denkübung" beschrieben wird, setzt in der Realität oftmals Therapiesitzungen über mehrere Monate (und bei schwierigen biografischen Erlebnissen sogar mehrere Jahre) voraus.
Auch beim inneren Kritiker ist es so, dass viele meine Patient:innen das Konzept relativ rasch verstehen und auch bestätigen können, dass sie mit sich selbst sehr streng/abwertend/kritisch umgehen, aber ganz oft braucht es viel Zeit und Geduld, dieses Muster zu verändern, was im Buch meiner Meinung nach etwas zu vereinfacht dargestellt wird.
Man muss Stegmüller aber zugutehalten, dass sie an mehreren Stellen darauf hinweist, wie wichtig auch professionelle Unterstützung ist - sodass sie sich meiner Kritik sicher auch bewusst ist.
Abschliessend lässt sich sagen, dass für mich als Fachperson nichts Neues dabei war, allerdings bin ich auch nicht Zielgruppe des Buches, sodass ich es vor allem an Leser:innen empfehlen kann, die ihre Emotionsregulation und den Umgang mit sich selbst (bestehend aus Achtsamkeit, Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl) verbessern möchten.
Fazit:
Es handelt sich hierbei um ein empfehlenswertes "Selbsthilfebuch" zum Umgang mit Emotionen, das viele hilfreiche Informationen und Übungen enthält, die ich in meiner therapeutischen Praxis ebenfalls anwende. Manchmal klingen die Übungen nur etwas zu vereinfacht, und sie setzen meiner Meinung nach eine grosse Reflexionsfähigkeit und eine sehr gute Emotionswahrnehmung voraus, die viele erst durch professionelle Hilfe erreichen. Deshalb würde ich das Buch wahrscheinlich eher als Begleitung zu einer Therapie oder Beratung empfehlen.