Rezension zu "Schatten über dem Tegernsee" von Victoria Witzmann
Was tut man nicht alles, wenn man eine saftige Anzahlung in Höhe von zwanzigtausend Euro auf den Tisch bekommt, um eine verschwundene Galeristin ausfindig zu machen ? Die Agentur Heimroth, Winter & de Groot schlittert in ein Abenteuer, das für ordentlich Furore sorgt und bei dem sich wieder einmal bewahrheitet, das nichts ist, wie es scheint...
Mit "Schatten über dem Tegernsee" entführt Victoria Witzmann den Leser an eben jenen bayrischen See, der Tummelplatz der Schönen und Reichen, Blender und Aufschneider ist und lässt auf den Leser ziemlich viele Klischees und Vorurteile wie glitzerndes Konfetti regen. Snobs und Möchtegerns, Kunsthändler und -Fälscher geben sich hier die Klinke in die Hand und wenn man einmal genauer hinter die Fassade blickt, löst sich das so sorgsam errichtete Bild auf wie die Kohlesäurebläschen im Champagner. Und was dann nach oben steigt , hat es faustdick hinter den Ohren. Neid und Habgier, Eifersucht und Liebeswahn geben sich ein Stelldichein und sorgen so für ordentlich Wirbel.
Was zu Beginn noch recht amüsant und unterhaltsam ist, verliert aber im Verlauf des Romans den Reiz und die wild übereinander herfallenden Ermittler Winter & de Groot werden immer häufiger Sklaven ihrer hormongesteuerten Triebe. Auch sind die Auftraggeberin und die verschwundene Galeristin keine Kinder von Traurigkeit und beherrschen das Bäumchen-wechsel-dich perfekt. Da wird mal hier poussiert, mal da gebusserlt, nur um sich selbst zu beweisen, dass man im Alter noch fit und attraktiv genug ist und mit der Jugend mithalten kann. Das krampfhafte Festhalten an der ewigen Jugend lässt sich auch leider in den Szenen nieder und so wirken manche Episoden ziemlich konstruiert und an den Haaren herbeigezogen.
Die Spannung hält sich in Grenzen, denn durch die gar so gewollte komödiantische Darstellung mancher Szenen verliert der Roman schnell seine eigentliche Bestimmung. Die Suche nach dem Täter entpuppt sich auch eher als reger Durchgangsverkehr, denn es tauchen unglaublich viele Mitwirkende auf, die für mehr Chaos als für Ordnung sorgen und so ein wenig Disharmonie verbreiten. Mir fehlen hier tolle Effekte, die für Aufregung sorgen, unvorhergesehene Ereignisse, die den Puls in die Höhe treiben und Szenen, die mich vor lauter Neugier, wie es denn jetzt weitergeht, an die Seiten fesseln.
Der Krimi spielt zwar am Tegernsee, hat aber außer der namentlichen Nennung von diversen Orten rund um den See nicht viel an Lokalkolorit zu bieten und reiht sich so perfekt in das oberflächliche Bild der selbstverliebten Kapitalisten und Blender ein. Hier ist tatsächlich mehr Schein als Sein vorhanden und ich kann dem Krimi leider nur gut gemeinte drei Sternchen vergeben, da zwischendrin immer wieder mal ein bisschen von den guten Ideen durchblitzt, die man durchaus zu einem echten Krimiknaller hätte verarbeiten können.