Vigdis Hjorth

 3,9 Sterne bei 147 Bewertungen
Autor*in von Ein falsches Wort, Die Wahrheiten meiner Mutter und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Vigdis Hjorth, 1959 in Oslo geboren, ist eine der meistrezipierten Gegenwartsautorinnen Norwegens. Sie ist vielfache Bestsellerautorin, wurde für ihr Werk unter anderem mit dem norwegischen Kritikerprisen und dem Bokhandlerprisen ausgezeichnet und war für den Literaturpreis des Nordischen Rates, den National Book Award sowie den International Booker Prize nominiert. Im Herbst 2023 erschien bei S. FISCHER »Die Wahrheiten meiner Mutter«, im Frühjahr 2024 der Roman »Ein falsches Wort«. Nach Stationen in Kopenhagen, Bergen, in der Schweiz und in Frankreich lebt Vigdis Hjorth heute in Oslo.

Quelle: Verlag / vlb

Neue Bücher

Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783103975130)

Ein falsches Wort

 (65)
Neu erschienen am 13.03.2024 als Gebundenes Buch bei S. FISCHER.

Alle Bücher von Vigdis Hjorth

Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783103975130)

Ein falsches Wort

 (65)
Erschienen am 13.03.2024
Cover des Buches Die Wahrheiten meiner Mutter (ISBN: 9783596710379)

Die Wahrheiten meiner Mutter

 (60)
Erscheint am 29.01.2025
Cover des Buches Bergljots Familie (ISBN: 9783955101398)

Bergljots Familie

 (3)
Erschienen am 01.11.2019
Cover des Buches Quartett zu zweit (ISBN: 9783784427188)

Quartett zu zweit

 (0)
Erschienen am 01.02.1999
Cover des Buches Die Wahrheiten meiner Mutter (ISBN: B0CHFZC8T9)

Die Wahrheiten meiner Mutter

 (5)
Erschienen am 27.09.2023
Cover des Buches Ein norwegisches Haus (ISBN: 9783955100919)

Ein norwegisches Haus

 (3)
Erschienen am 01.08.2015

Neue Rezensionen zu Vigdis Hjorth

Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783103975130)
Kwinsus avatar

Rezension zu "Ein falsches Wort" von Vigdis Hjorth

Gefängnis Familie
Kwinsuvor einem Tag

Bergljot kämpft mit ihrer Familie. Vordergründig geht es um eine Erbschaft von zwei Ferienhütten, doch der Kampf ist viel komplexer, viel tiefsitzender: sie wurde als Kind von ihrem Vater missbraucht. Doch nicht alle glauben ihr, wollen die Realität nicht anerkennen, verdrängen kontinuierlich - auch weil, das Geschehene lange verdrängt wurde und dann mit voller Wucht wieder ins Bewusstsein rückt. Bergljot nimmt uns mit auf ihren inneren Kampf der Selbstbefreiung von den Fesseln der Familie.

Dieser Roman ist harte Kost, thematisiert er doch das Unaussprechliche. Vigdis Hjorth versteht es, mit ihren klaren Worten, ihren eindringlichen Satzwiederholungen, für die Lesenden eine Ebene zu schaffen, auf der es erträglich ist, den inneren Kampf von Bergljot mitzuverfolgen, wenn auch äußerst herausfordernd. Dieser ist so vielschichtig, dass man ihr jedes Wort glaubt. Es geht hier nicht nur darum den Täter anzuklagen, sondern das ganze System, das ihn stützt. Es geht um Machtmissbrauch, emotionale Erpressung, Vernachlässigung, körperliche Gewalt, der Suche nach Aufmerksamkeit in den unterschiedlichsten Stufen. Die komplexen Beziehungen der Schwestern, des Bruders und vor allem der Mutter zueinander werden aufgedröselt; Hjorth zeigt, dass es niemals eine einfache Antwort geben kann; dass es immer ein System ist, das den Missbrauch stützt. Und über allem steht die Frage des Beweises, die anklagend und mit Fingerzeig auf die Betroffene blickt. Der Roman ist anstrengend zu lesen, es wird einem viel abverlangt, denn das Gedankenkarussell läuft unaufhörlich und scheint nicht aufhaltbar zu sein. Oft wollte ich die Protagonistin packen und schütteln und sie fragen, warum es ihr nicht möglich ist, "einfach" mit der Familie zu brechen, den Kontakt ein für alle mal aufzugeben. Aber die Penetranz und die Verdrängungsgabe besonders der Mutter und der Schwester Astrid sind so stark, dass sie Bergljot nicht loslassen können. Gekonnt werden in die Geschichte Theorien der Psychoanalyse eingeflochten. Es werden auch Bezüge zu Theater oder Filmen hergestellt, allen voran zu dem ersten Dogma 95-Film "Das Fest", in dem es ebenso um Kindesmissbrauch geht, mit dem sich die Protagonistin vergleicht. So krass das Thema ist, umso erstaunlicher ist es, wie subtil Hjorth auch Schwarzhumoriges einfließen lässt, wenn sie über den Gebrauch des Wortes "Inzest" schreibt. Fast ist es unfassbar, wie genial das Thema aufgearbeitet wird, die Komplexität des Geschriebenen ist so tiefgängig, dass man oft vergisst, dass es sich um Autofiktion handelt. Doch mutmaßlich arbeitet Hjorth hier ihre eigene Geschichte auf. Und abgesehen von der Härte der Thematik, ist das Buch einfach eine herausragende Prosa mit schriftstellerischer Brillanz, die sicher eines meiner persönlichen Highlights des Jahres 2024 ist.

Mein Fazit: "Ein falsches Wort" ist ein heftiger Roman, der die Lesenden an ihre Grenzen bringt. Die Autorin schafft es durch ihre feinfühlige Sprache und der Vielschichtigkeit der Aushandlungen innerhalb der Familie, ein Gefängnis nachzuzeichnen, aus dem die Protagonistin nur schwer entkommen kann - jenem der Familie. Ein herausragendes Werk, bei dem es aber aufgrund der Heftigkeit gut überlegt sein soll, ob man sich dem Thema annähern kann oder will.

Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783103975130)
ins_lebenlesens avatar

Rezension zu "Ein falsches Wort" von Vigdis Hjorth

Ein falsches Wort lässt die Oberfläche bersten
ins_lebenlesenvor 9 Tagen

Ein falsches Wort kann die sorgsam gehütete Oberfläche eines familiären Zusammenseins zum Bersten bringen und Misstrauen, Missverständnis und lang gewahrte Geheimnisse dringen durch die dünne Schicht aus Friedensabkommen und Ritualen nach oben.

Die Ich-Erzählerin Bergljot lebt in einer solchen Familie. Oder besser gesagt hat sich schon vor Jahrzehnten aus ihr zurückgezogen. Was damals passierte muss einer Detonation gleichgekommen sein und hat sie in eine schwere Krise gestürzt. Auch ihr Bruder Bård hält die Familie auf Distanz. Die zwei jüngeren Schwestern Astrid und Åsa scheinen unverletzt und den Eltern die Treue zu halten. Ein Erbstreit, den die Eltern mit der ungleichen Verteilung ihrer Ferienhäuser auslösen, durchschlägt die Oberfläche und verschiebt die Machtverhältnisse. Bård schließt ein Bündnis mit Bergljot. Die möchte eigentlich nur ihren mühsam erarbeiteten inneren Frieden wahren und drängt nach vielen Jahren der Kränkungen und des Unverstandenseins doch danach, der Familiengeschichte IHRE Deutung einzuschreiben.

Ohnmächtig schauen wir Bergljots verzweifelten inneren Kämpfen zu. Unsere Perspektive ist ihre Perspektive. Donnernd rollen ihre Wut, ihre Trauer, ihr Schmerz und ihre schweren Träume durch uns hindurch. Der Text ist von einer schweren Eindringlichkeit, Gedanken in langen Sätzen wiederholend. Vigdis Hjorth lässt wortwörtlich Bomben hochgehen, Kriegshandlungen vollziehen, Feuer niedergehen. Erst wenn sich das Unbehagen tief in unsere Eingeweide gegraben hat, lässt sie uns Luft holen. Eine Seite. Ein Satz. Pause.

In einem existenziellen Sinn schreibt sie sich schonungslos bis auf die Knochen in die psychologische Struktur einer Familie hinein. Tief werde ich in die schmerzvolle Geschichte hineingezogen. Doch auch wenn der Stoff schwer ist, bleibe ich angesichts der sprachlichen Schönheit, Klarheit und eines präzisen Timings euphorisch.

 In dieser Familie scheint es wie auf den großen Schlachtfeldern der Welt zuzugehen. Verhandeln lässt sich an der Oberfläche. Frieden, Befreiung und Identität liegen jedoch darunter und sind nur durch Verstehen wollen, Empathie und Anerkennung des anderen zu erreichen. Doch lässt sich das nicht erzwingen. Oder doch?

Dieses Buch sorgte bereits 2016 für Vigdis Hjorths internationalen Durchbruch und in Norwegen für einen Skandal, da die autobiografischen Züge ihre Familie auf den Plan rief und ihre Schwester zu einem „Gegenroman“ veranlasste. Diese Authentizität macht die Geschichte für mich noch etwas eindringlicher. Aber auch nachdenklicher und dankbarer, dass es nicht meine ist.

Große Empfehlung!

Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783103975130)
G_Ls avatar

Rezension zu "Ein falsches Wort" von Vigdis Hjorth

Tiefenanalyse familiärer Beziehungen
G_Lvor 11 Tagen

Der Roman "Ein falsches Wort" wirft einen tiefen Blick in die zerrütteten Beziehungen innerhalb einer Familie. Die Protagonistin Bergljot hat seit 23 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und hat stattdessen eine unterstützende Wahlfamilie um sich herum aufgebaut. Als Konflikte um das Erbe ihrer Eltern entstehen und ihr Vater stirbt, werden alte Wunden aufgerissen, und Bergljots Familie sucht wieder Kontakt. Doch die Gründe für ihren Bruch werden nicht anerkannt, was zu einer komplexen und emotionalen Auseinandersetzung führt.

Der Plot des Romans ist nicht handlungsgetrieben, sondern konzentriert sich auf Bergljots innere Reflexionen, die anfangs einen gewissen Kreislauf zu bilden scheinen und oft beklemmend sind. Dennoch zog mich die Geschichte in ihren Bann, als die Gründe für Bergljots Distanz zur Familie deutlicher wurden. Gefallen haben mir auch die Verweise auf Freud, Jung und verschiedene Schriftsteller:innen, die die Erzählung bereichern und zum Nachdenken anregen.

Die Autorin schafft es in diesem Roman, komplexe emotionale Dynamiken aufzuzeigen und den Leser dazu zu bringen, über die Bedeutung von Familie und persönlicher Identität nachzudenken. Auch wenn nicht in allen Familien traumatische Ereignisse der Ausgangspunkt für Trauer, Wut und Enttäuschung sind, bin ich sicher, dass fast alle Leser:innen Teile ihrer eigenen Familiengeschichte in Bergljots Gedanken wiederfinden werden. Dies war sicher nicht der letzte Roman, den ich von der Autorin gelesen habe!

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