Cover des Buches Ein eigenes Zimmer (ISBN: 9783596173617)
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Rezension zu Ein eigenes Zimmer von Virginia Woolf

Rezension zu "Ein eigenes Zimmer" von Virginia Woolf

von Sokrates vor 13 Jahren

Rezension

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Sokratesvor 13 Jahren
Virginia Woolf beschreibt in Ein eigenes Zimmer die historischen Zusammenhänge zwischen Frauen-leben und Schriftstellerei. Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein waren Frauen genötigt, entweder überhaupt nicht als Schriftstellerin zu arbeiten – weil sie hiervon finanziell nicht eigenständig leben konnten oder durften – oder weil sie nur unter (männlichem) Pseudonym veröffentlichen konnten, was den eigenen Ruhm erhebliche schmälerte bis gar nicht ermöglichte. Darüber hinaus mussten Frauen lange Zeit wie Männer schreiben; die Welt aus der Sicht einer Frau beschrieben galt viele Jahrhunderte hinweg als verpönt und wurde abgelehnt. Deshalb auch die Notwendigkeit, anfangs unter männlichem Pseudonym zu veröffentlichen. Allein Jane Austen und Charlotte Bronte hätten als Frau publizieren dürfen, meint Virginia Woolf. Man kann ihr zustimmen. Dass Frauen als Autorinnen hervortreten, ist erst seit dem beginnenden 20. Jahrhundert auffällig; Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts? – Kaum bekannt, allenfalls Emily Bronte, Charlotte Bronte, Elizabeth Gaskell, George Eliot (unter männlichem Pseudonym) oder George Sand (männliches Pseudonym) sind nennenswert hervorgetreten. Männer hingegen finden hier kaum alle Platz. Die Notwendigkeit eines eigenen Zimmers und der finanziellen Absicherung sind Grund- und Startvoraussetzung für die ökonomische Selbständigkeit der Frau, damals wie heute. Virginia Woolf sieht es richtig, dass nur diese ‚Freiheit‘ auch eine ‚Freiheit im Geiste‘ hervorbringen und garantieren kann. Damit ist ihr Essay ein Plädoyer für die wirtschaftliche Selbständigkeit der Frau, insbesondere die Unabhängigkeit von Ehemännern oder sonstigen Günstlingen, die alle nach ihrer Stimmung Geld freigaben oder auch nicht. Die Frauen waren seit je her rechtlich und sozial den Männern untergeordnet; selbst Virginia Woolf kannte in einer patriarchal geprägten englischen spätviktorianischen Gesellschaft des beginnenden 20. Jahrhunderts diese Verhältnisse noch. Sie allerdings hatte Dank einer Erbschaft und der später großen Einkünfte durch ihr Schreiben eigene wirtschaftliche Einnahmequellen, die eine Abhängigkeit von Leonard Woolf gar nicht nötig machten. Auch wenn sie sich dagegen wehrte, ihren Essay als ‚feministisch‘ zu bezeichnen, ist er es dennoch – streng genommen. Und ein literarisch-sprachliches Leseerlebnis obendrein.
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