Jeanne hat sich 1969 gemeinsam mit ihrem Mann Pierre eine Vierzimmerwohnung im 17. Arrondissement in Paris gekauft. Schon mit Beginn der Rente wurde es finanziell eng, doch nach Pierres Tod steht sie kurz davor, ihr geliebtes Zuhause zu verlieren. Zufällig sieht sie im Fernsehen eine Reportage über Wohngemeinschaften – und kurze Zeit später ziehen Théo und Iris bei ihr ein. Aus einer Zweckgemeinschaft wird etwas viel Tieferes: Freundschaft, Nähe, neue Perspektiven.
Virginie Grimaldi erzählt diese leise, bewegende Geschichte abwechselnd aus den Perspektiven von Jeanne, Théo und Iris. Alle drei tragen ihre Vergangenheit mit sich: Jeanne glaubt, ohne Pierre keinen Sinn mehr im Leben zu finden. Iris ist schwanger und hat gerade eine toxische Beziehung hinter sich gelassen. Théo hat eine schwierige Kindheit im Heim erlebt und eine alkoholkranke Mutter. Trotz ihrer Unterschiede wächst zwischen ihnen eine tief, ehrliche Verbindung die sich immer mehr wie Familie anfühlt.
Die Geschichte hat mich in ihrer Atmosphäre und Figurenzeichnung stark an „Zusammen ist man weniger allein“ von Anna Gavalda erinnert – dieses Gefühl, dass das Leben manchmal in Gemeinschaft leichter wird, dass Verletzlichkeit verbinden kann, und dass Liebe oft dort wächst, wo man es am wenigsten erwartet.
Trotz der schönen Sprache und der warmherzigen Grundstimmung fehlte mir stellenweise etwas die Spannung. Die Geschichte entwickelt sich relativ vorhersehbar, und besonders im letzten Drittel hatte ich das Gefühl, es müsste noch mehr kommen – mehr Tiefe, mehr Entwicklung, mehr Überraschung. So blieb für mich leider das Gefühl zurück, dass das Buch ein bisschen zu früh aufgehört hat.
Und doch hat es mich daran erinnert, wie viel Licht entstehen kann, wenn man sich auf andere einlässt – auch (oder gerade) dann, wenn das Leben einen Umweg geht.