Volker Reicher ist der preisgekrönte Zeichner der Figur "Strizz" aus dem Feuilletons der Frankfurter Allgemeinde. Ich lese weder die Frankfurter Allgemeinde noch hatte ich jemals etwas von Volker Reicher gehört - doch mir sagten bei seinem Graphic Novel "Kiesgrubennacht" die fröhlich und niedlich wirkenden Zeichnungen sehr zu. Das es sich dabei um eine Biografie handelte, merkte ich erst später. In seinem Comic beschreibt der Autor und Zeichner sein Leben als Kind in der Nachkriegszeit 1948+ (und aufwärts).
Was erst einmal ziemlich trocken klingt, gelingt Reicher erfolgreich aus der Perspektive eines kleinen Jungen zu erzählen - kindlich subjektiv und vielleicht gar nicht so realistisch erzählt der Autor selbst bestimmte Szenen und Momente aus seiner Kindheit nach, die ihm stark in Erinnerung geblieben sind: Zum Beispiel das Nacktschneckenwettrennen oder das Spiel mit Peter, seinem Pilotenmeerschweinchen. Gleichzeit arbeitet er mit diesem Graphic Novel auch das leicht unangenehme Verhältnis zu seinen Eltern, gerade aber seinem Vater auf und beschäftigt sich mit seiner vielleicht nicht ganz so perfekten Familie in der der Vater seine Nazivergangenheit nicht vergessen konnte und die Mutter sehr unter seiner Faust zu leiden hatte.
Die wechselnde Perspektive von den teilweise sehr atmosphärisch aufgeladenen Bildern wird durch die Rahmenhandlung im Hier und Jetzt und die dortigen Gespräche aufgelockert, indem Gespräche mit dem Kater (der bestimmt sehr sauer wäre, nicht mal in einer Rezension erwähnt zu werden!) des Autoren eingestreut werden.
Die Zeichnungen sind ausdrucksstark und schaffen es mir als Leser sehr genau die Stimmungen der Erwachsenen oder die Freuden der Kinder wiederzugeben. So weiß man sogar ohne Text immer, was einen auf der kommenden Seite erwartet. Doch durchgängig muss man die Erwachsenenleben als vergeblich betrachten. Fürsorge, Liebe und Behütetsein blieben damit den kommenden Generationen mit besseren Zeiten ohne Krieg vorbehalten.
Letztendlich ist "Kiesgrubennacht" eine herrliche Mischung aus "Lausbubengeschichten" mit ernsten Anekdoten/Erinnerungen aus der Nachkriegszeit, in der der kindliche Spaß bestimmt nicht zu kurz kam. Ein sehr gelungener Graphic Novel mit Anspruch und Humor! Auch ohne andere Werke des Autoren zu kennen, herzlich empfehlenswert.
Von Nacktschnecken und Comiczeichnungen.











