W. E. B Du Bois, geboren 1886 in den Vereinigten Staaten, war ein bekannter afroamerikanischer Soziologe, der drei Semester unter anderem bei Max Weber in Berlin studiert hatte und als erster Schwarzer einen Doktortitel von der Universität Harvard verliehen bekam. 1936 reist er erneut für einen mehrmonatigen Forschungsaufenthalt nach Deutschland und schreibt über seine Eindrücke und Erlebnisse wöchentliche Kolumnen für den „Pittsburgh Courier“, der zu dem Zeitpunkt eine der führenden afroamerikanischen Wochenzeitungen war.
Da Du Bois schon vor seinem Besuch 1936 einige Zeit in Deutschland verbracht hatte, kannte er ein Deutschland ohne Nationalsozialismus, er konnte Vergleiche anstellen. Der Blick von außen offenbart ja häufig Wahrheiten, die den Betroffenen nicht auffallen oder nicht von ihnen gesehen werden wollen. So auch hier: Du Bois analysiert mit erschreckender Klarheit, was den deutschen Nationalsozialismus ausmacht und warum Hitler so erfolgreich sein kann. Da er als Schwarzer Mann von der weißen Mehrheitsgesellschaft immer als Außenstehender wahrgenommen wird, hat er einen klaren Blick auf die Themen Rassismus und Diskriminierung von Minderheiten. Er benennt den vorherrschenden Antisemitismus deutlich und zeigt sich von dessen Ausmaß erschrocken. Wer seine Texte liest, erkennt, dass die Aussage, man hätte es ja nicht wissen können, blanker Hohn ist. Zum Nichtwissenwollen musste man sich aktiv entscheiden.
Da die Kolumnen aus einer Zeit stammen, in der rassistisches Vokabular normal war, wird in einem Vorwort erläutert, wie mit den einzelnen Begriffen in der Übersetzung umgegangen wurde. Das fand ich gut gelöst, und auch das Nachwort des Herausgebers ordnet die Texte sehr gut in das damalige Zeitgeschehen und Du Bois’ Leben ein. Das Buch ist eine wirklich lohnenswerte Lektüre, gerade auch in heutigen Zeiten, in denen mancherorts ein gewisses Geschichtsvergessen zu erkennen ist.




