Rezension zu Leben oder gelebt werden von Walter Kohl
Rezension zu "Leben oder gelebt werden" von Walter Kohl
von Betty Geröllheimer
Rezension
Betty Geröllheimervor 12 Jahren
Ich habe mir das Buch als Ergänzungslektüre zu "Die Frau an seiner Seite" von Heribert Schwan gekauft um mich der Biographie der Familie Kohl aus verschiedenen Perspektiven anzunähern. Schwerpunkt ist die difizile Beziehung zwischenVater und Sohn und wie er als "Sohn vom Kohl" die Schulzeit, Bundeswehr, Ausbildung und sein Leben gemeistert hat. Er beschreibt seine innere Ablösung vom Übervater und seinen Weg sich mit diesem auszusöhnen. Allerdings bleibt er bei diesen Schilderungen meist sehr oberflächlich. Wie schreibt ähnlich einem Geschäftsbrief und versucht durch Phrasen, Nähe und Gefühle zum und beim Leser zu erzeugen. Er bemitleidet sich selbst und jammert, wie schwer es hatte mit seinem Vater und welche Nachteile er durch seinen Vater in seinem eigenen Leben hinnehmen musste. Er lamentiert über seitenlang über Hänseleien, die er in der Schule hinnehmen musste und welche Nachteile er während seiner Ausbildungszeit bei der Bundeswehr er hinnehmen musste. Dabei vergisst er zu erwähnen, was ihm gerade durch die Stellung seiner Vaters alles ermöglicht werden konnte. Die Aufnahme an der renommierten Harvard-Universität und die Vorbereitung darauf durch eine Heidelberger Professorin wäre wohl Hänschen Müller nicht möglich gewesen. Auch beim Mauerfall mit der Polit-Prominenz als einer der ersten durch das Brandenburger Tor zu schreiten. Ich hätte mir gewunschen, dass er mehr als Zeitzeuge berichtet und z.B. die Auswirkung der terrorbedrohung der RAF in den 70ern ausführlich beschreibt. Dass er diese als Kanzlersohn zwangsläufig anders erlebt hat als ein Normalbürger, ist das was eigentlich interessiert hätte. Im Endeffekt hätte ich mir ein spannendes Zeitzeugnis erwartet und nicht ein Buch, das als Ersatz-Therapie für herhalten musste!