Rezension zu "Das verhexte Schwert" von Watt-Evans
Die deutsche Erstveröffentlichung von “Das verhexte Schwert” erschien 1989, das englische Original 1985 unter dem Titel “The Misenchanted Sword” – dieser Titel gefällt mir um einiges besser als der deutsche.
Schon am Cover sieht man, dass es sich um einen älteren Fantasyroman handelt. Es zeigt einen sehr leicht bekleideten, muskulösen Mann, an den sich eine Frau schmiegt, die nicht wesentlich mehr trägt als der Mann. Ein typisches Achtziger-Jahre-Fantasy-Cover, das mit dem Inhalt des Buches eigentlich überhaupt nichts zu tun hat.
Der junge Soldat Valder war als Späher unterwegs, als er unerwartet auf eine feindliche Truppe stieß. Seitdem ist er auf der Flucht. Nach einer mehrtägigen Sumpftour trifft er überraschenderweise auf einen alten Einsiedler. Dieser ist zunächst erfreut, endlich wieder mit einem Landsmann reden zu können, als er jedoch von Valders Verfolgern erfährt und sich diese kurz darauf vor seiner Hütte wiederfinden, ist er es nicht mehr. Mit Hilfe eines einfachen Zaubertricks – bei dem Einsiedler handelt es sich um einen Hexenmeister – kann er sich und Valdan vor dem Tod bewahren, sein Hab und Gut wird allerdings zerstört.
Um endlich wieder seine Ruhe genießen zu können bietet der Hexenmeister an, Valders Schwert zu verhexen. Mit den im Sumpf und in den Resten seines Hauses verfügbaren Mitteln vertieft er sich mehrere Stunden in seine Arbeit. Anschließend überreicht er Valder das Schwert, das nun den Namen Wirikidor trägt. Dann fordert er Valder auf, endlich mit Wirikidor zu verschwinden.
Der Leser bekommt keine lange Einleitung, sondern wird von Lawrence Watt-Evans gleich mitten in die Geschichte hinein katapultiert. Hintergründe und Zusammenhänge sind dem Leser hier noch unklar und werden auch im weiteren Verlauf der Geschichte nur langsam preisgeben.
Dies merkt man auch schon bei der Begegnung zwischen Valder und dem Einsiedler: Denkt man am Anfang noch an einen verrückten alten Kauz, erfährt man im weiteren Verlauf der Begegnung, dass Valder einen Hexenmeister getroffen hat. Im Verlauf der Geschichte werden die Macht und die Identität des Hexenmeisters deutlicher. Die Vermutungen über ihn werden allerdings nie definitiv bestätigt.
Auch über die Auswirkungen der Hexerei auf Valders Schwert bekommt man als Leser, ebenso wie Valder, nur langsam eine Ahnung. Und auch die Art der Benutzung muss mühsam in Erfahrung gebracht werden. Der Hexenmeister hatte sich nämlich nicht die Mühe gemacht, Valder über die Auswirkungen seiner Hexerei zu informieren. Einen ersten Vorgeschmack bekommt Valder kurz nachdem er den Hexenmeister verlassen hat: Einmal gezogen, lässt sich Wirikidor nicht ohne weiteres in die Scheide zurückstecken – das bedeutet allerdings nicht, dass Valder das Schwert in der Hand halten muss; er kann es auch an seine bloßen Füße heften oder an der Nase kleben lassen – auch wenn er in diesem Fall spürt, dass dies Wirikidor nicht ganz so recht ist.
In “Das verhexte Schwert” (die Betonung sollte hier auf dem “ver” liegen, wie gesagt, mir gefällt “misenchanted” deutlich besser) erzählt Lawrence Watt-Evans die Lebensgeschichte des Soldaten Valder, die durch die Begegnung mit dem Einsiedler und seiner Hexerei massiv verändert wird. Die neuen Eigenschaften sind höchst ungewöhnlich – selbst für ein magisches Schwert – und die Auswirkungen auf Valders Leben zum Teil doch sehr überraschend.
Damit ist die Geschichte nicht nur fesselnd, sondern regt auch immer wieder zum Schmunzeln an – ohne dabei jemals ins Lächerliche ab zu rutschen. Auch das Ende des Buches – das sowohl abgeschlossen als auch “happy” ist – ist sehr gelungen und schließt mit einer ziemlich guten Pointe ab.
Ein Klassiker, in den jeder Fantasy-Fan zumindest einmal hineingelesen haben sollte.