„Klassische deutsche Kurzgeschichten“ ist eine Kurzgeschichten-Anthologie, die von Werner Bellmann herausgegeben worden ist. Versammelt sind hier 33 Kurzgeschichten, die in der Nachkriegszeit (zwischen 1945 und 1965) erschienen sind. Dementsprechend starker Tobak ist z. T. der Inhalt der einzelnen Kurzgeschichten. So werden Kriegsereignisse (z. B. in „Wanderer kommst du nach Spa…“ von Heinrich Boll), das karge Leben im zerstörten Deutschland (z. B. in „Die rote Katze“ von Luise Rinser), der Verlust geliebter Menschen (z. B. in „Nachts schlafen die Ratten doch“ von Wolfgang Borchert) oder die NS-Vergangenheit (z. B. in „Saisonbeginn“ von Elisabeth Langgäser) thematisiert. Quantitativ spielen besonders Texte von Borchert, Böll, Ilse Aichinger und Marie Luise Kaschnitz eine wichtige Rolle innerhalb der Anthologie. Alle Kurzgeschichten eint, dass sie wirklich perfekt erzählt sind: Die Handlung baut sich behutsam auf, sodass eine permanente Spannung entsteht, die sich jeweils in einem großen Finale bzw. Wendepunkt entlädt. Abgerundet wird die Anthologie durch ein Nachwort von Werner Bellmann, in dem einerseits kurz die Gattungsgeschichte des Genres „Kurzgeschichte“ beleuchtet wird, andererseits der historische Kontext, in dem die 33 ausgewählten Kurzgeschichten entstanden sind, dargestellt wird.
Werner Bellmann
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Werner Bellmann
Klassische deutsche Kurzgeschichten
Erläuterungen und Dokumente zu Heinrich Böll: Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Deutsche Kurzprosa der Gegenwart
Erläuterungen und Dokumente zu Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermärchen
Interpretationen: Klassische deutsche Kurzgeschichten
Erläuterungen und Dokumente zu Gerhart Hauptmann: Der Biberpelz
Erläuterungen und Dokumente zu Gerhart Hauptmann: Die Ratten
Erläuterungen und Dokumente zu Thomas Mann: Tonio Kröger
Neue Rezensionen zu Werner Bellmann
Nach vielen Jahrlen habe ich Heinrich Manns berühmten Roman noch einmal gelesen und finde ihn nicht so plakativ, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Heinrich Mann arbeitet zwar mit dem groben Pinsel der Satire, aber der Pinsel ist nicht so grob, dass seine Figuren reine Klischees sind. Ein literarisches Großmeisterwerk, hier in einer Ausgabe mit schönen Illustrationen und vielen erhellenden Anmerkungen.
Das Deutsche Reich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Der kleine Diederich Heßling wächst als Sohn eines Papierfabrikanten in der fiktiven Kleinstadt Netzig auf. Zuhause sieht er sich der Gewalt des Vaters ausgesetzt, in der Schule teilt er selbst lieber gegen die Schwächeren aus - der Grundstein einer Opportunisten-Karriere, die Diederich nicht nur über das Militär und die Burschenschaften während seines Studiums, sondern vor allem auch später als Fabrik-Erbe skrupellos auslebt. Und während sich um die Jahrhundertwende im wilhelminischen Deutschland oppositionelle Kräfte bilden, entwickelt sich Diederich zu einem bedingungslosen Verteidiger des Kaisers - ohne sich um Freund und Feind zu scheren...
Heinrich Mann hat in seinem kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs fertiggestellten und 1918 erstmals veröffentlichten Roman "Der Untertan" eine blitzgescheite Polit- und Gesellschaftssatire erschaffen, die längst als Klassiker gilt. Anlässlich des 150. Geburtstags Manns hat der Reclam Verlag nun eine wahrlich prächtige Neuedition herausgegeben. Angefangen beim bedruckten Buchdeckel über das silberne Lesebändchen bis zum informativen Nachwort und dem unglaublich umfassenden Kommentar - die neue "Untertan"-Ausgabe ist ein Fest für bibliophile LeserInnen.
Das größte Plus sind dabei die detaillierten und liebevollen Illustrationen von Arne Jysch, die nicht nur das Romangeschehen an sich greifbarer machen, sondern auch einen fabelhaften Blick auf die Gesellschaft im wilhelminischen Zeitalter ermöglichen. Diederich erhält ein Gesicht, durch die Zeichnungen fühlte ich mich in einigen Szenen direkt in die Zeit zurückversetzt. Ganz ausgezeichnet gelingt es Jysch dabei, die Illustrationen gleichzeitig historisch wie modern aussehen zu lassen.
Doch nicht nur wegen der Ausstattung lohnt sich diese Neuedition des "Untertans". Heinrich Manns fast schon prophetischer Blick auf die damaligen Entwicklungen hat an Aktualität kaum etwas eingebüßt. Auch wenn heutzutage wahrscheinlich kein Autor seine gesellschaftskritischen Dialoge so ausschweifen lassen würde wie Mann es in einigen Szenen tut; auch wenn kein zeitgenössischer Autor seinen Figuren so viele Zitate aufbürden würde wie Mann es Diederich mit den ganzen Kaiser-Wilhelm-Ausführungen zumutet - es lässt sich nicht leugnen, dass sich nicht wenige Themen wie Antisemitismus, Karrierestreben und (Neo-)Faschismus auch und gerade in der heutigen Gesellschaft wiederfinden.
Deshalb sollte "Der Untertan" auch heute noch und wieder gelesen werden - nicht nur als historisches Zeugnis der Zeit vor den Weltkriegen, sondern auch mit kritischem und bissigem Blick auf die Aktualität.
Fazit: Der Reclam Verlag hat den "Untertan" in ein geradezu kaiserliches Gewand gekleidet, das große Lust machen sollte, den Klassiker wieder- oder neu zu entdecken.
Gespräche aus der Community
Ab 5. Februar 2024 lesen wir - jede/r mit eigenem Exemplar - Joseph Roths bekanntesten Roman
Ich glaube, ich habe noch nie so ein tief trauriges Buch gelesen.
Ja mir fällt spontan jetzt auch nicht unbedingt ein anderes derartig trauriges Buch ein. Da Stimme ich dir zu.
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