Rezension zu "Die schreckliche deutsche Sprache" von Mark Twain
Mark Twain verfasste diesen Aufsatz wohl während eines dreimonatigen Aufenthaltes in Heidelberg, in dessen Verlauf er auch qualvoll versucht, die deutsche Sprache zu erlernen. Wie es sich für ihn dann bald herausstellte: ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. Denn Twain war nach dem Eigenversuch überzeugt davon, dass eine durchschnittlich intelligente Person Englisch in 30 Stunden, Französisch in 30 Tagen und Deutsch aber erst in 30 Jahren erlernen könnte.
Mit viel Witz und Ironie und einem Hang zu Übertreibungen schildert er die Stolpersteine auf dem Wege in der Sprache Goethes und Schillers kommunizieren zu können.
So behandelt er u.a. die nahezu endlose Schlangenbildung zusammengesetzter Nomen; das schwierige Aufspüren des Verbs in einem langen Satz, zumal wenn es zuvor noch aufgeteilt wurde; die hervorragende Bedeutungsvielfalt der Wörter 'Schlag' und 'Zug'; den verwirrend ähnlichen Klang von Wörtern mit ganz unterschiedlicher Bedeutung; die völlig unlogische Zuteilung des Artikels (wann ist ein Nomen maskulin, feminin oder neutral?); dem unergründlichen Wesen der Deklination und dass Wörter für wirklich schlimme Sachen sich im Deutschen so harmonisch und harmlos anhören würden.
Außerdem: 'Die Erzählung vom Fischweib und seinem traurigen Schicksal' als exemplarische kleine Exkursion und zum Abschluss seine Rede zum 4. Juli, gehalten auf dem Bankett des Anglo-Amerikanischen Studentenclubs in einem ziemlichen deutsch-englischen Mischmasch.
Mark Twain sieht aber durchaus auch Vorteile der deutschen Sprache. So dass alle Namenwörter groß geschrieben werden. Außerdem meint er, dass man die Wörter so schreibe, wie man sie spreche (wobei ich hierin jedoch persönlich meine Zweifel ansetzten würde); und dass die Wörter für Poesie und die schönen Dinge im Deutschen so wunderbar klingen.
Natürlich bietet Twain einige schöne Veränderungsvorschläge zum entspannteren Umgang für alle Deutschlernbegierigen an.
Der vorliegende Text ist erstmals 1880 erschienen, also vor über 130 Jahren. In der vorliegenden Ausgabe wird dem englischen Text direkt die deutsche Übersetzung gegenübergestellt. Die Fehler und Eigenheiten der Twainischen Interpunktion und Orthografie wurden im englischen Text beibehalten.
Fazit: Hut ab vor jedem, der versucht unsere schöne, komplizierte Muttersprache zu lernen. Er sollte aber nicht all zu bald dieses Büchlein lesen, welches ihn ansonsten zu stark entmutigen könnte!