Rezension zu "Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft Nr. 333: Der Mythos vom Matriarchat: Über Bachofens Mutterrecht und die Stellung von Frauen in frühen Gesellschaften vor der Entstehung staatlicher Herrschaft" von Wesel Uwe
Uwe Wesel, Professor der Rechtsgeschichte, versucht in seiner mittlerweile 30 Jahre alten Monographie eine Grobschau der Matriarchatsforschung in der Geschichte bzw. Ethnologie anzustellen. Dies gelingt teilweise. Aus aktueller Perspektive ist leider das Alter der Monographie zu benennen: aktuell ist die Gesamtschau und Interpretation der verwandten Titel nicht mehr, da Wesel ausnahmslos bis in die 1970er Jahre Forschungsliteratur verwenden kann. Aktuelle Forschungen sind daher nicht reflektiert - ein bedauerlicher Umstand, da aktuelle Forschungen viele neue Erkenntnisse zum Thema "Matriarchat" beigesteuert haben. Überprüfenswert ist m.E. Wesel's These: seiner Ansicht nach hat das Brautgeld als Ersatz für den Verlust der (weiblichen) Arbeitskraft in der Herkunftsfamilie den Urpunkt der Patriarchatsentwicklung gegeben. Damit einhergehend die strukturelle Abhändigkeit der Frau innerhalb des Familienzusammenhangs und damit ihrer Unterordnung unter (männerdominierte) Normen, Traditionen und Werte. Die These erscheint plausibel, allerdings auch diskussionswürdig. Berücksichtigt man als Leser den nicht mehr aktuellen Forschungsstand, mag das Buch eine anregende Gesamtschau der Matriarchatsideen bis zum Ende der 1970er Jahre sein.