Rezension zu "Die Zeit der roten Früchte" von Wiebke Eden
Das war leider einer der langweiligsten Bücher, die ich je gelesen habe. Kein schöner Sprachgebrauch, kein Abtauchen ins Buch möglich - für mich persönlich wenig ansprechend.
Quelle: Verlag / vlb
Das war leider einer der langweiligsten Bücher, die ich je gelesen habe. Kein schöner Sprachgebrauch, kein Abtauchen ins Buch möglich - für mich persönlich wenig ansprechend.
Ein Dorf bei Stettin 1939. Wenn die jüngeren Schwestern der Mutter helfen, sitzt die 20-jährige Greta lieber mit dem Vater vor dem Haus oder hilft ihm mit den Schafen. Der Vater, der schon früh Stellung gegen die neuen Machthaber bezieht, ist ihr Fels in der Brandung. Auch sonst ist Greta anders: Als sie nach einer kurzen Affäre schwanger wird, bringt sie ihr Kind lieber unehelich zur Welt, als einen Mann zu heiraten, den sie nicht liebt. Sie verliert ihre Anstellung in einem Ausflugslokal und wird hart mit den Zwängen der kleinbürgerlichen Moral konfrontiert. Erst als viele Männer in den Krieg ziehen, findet sie eine Anstellung als Straßenbahnschaffnerin und eine neue Liebe.
Wiebke Eden schreibt in einer reduzierten, kühlen Sprache fast ohne wörtliche Rede über eine Generation, die keine Jugend hatte. Greta bleibt weitgehend sprachlos, wenn es um ihre Gefühle geht, aber sie verfolgt mit einer beeindruckenden Hartnäckigkeit ihren Weg.
Seltsam. Gewöhnungsbedürftig. Anders. Wiebke Eden hat einen Roman geschrieben ohne wörtliche Rede, mit schlichten, knappen Sätzen und kurzen Abschnitten (teils nur eine halbe Seite lang). Ihre Sprache ist kühl. Nicht einnehmend. So kommt es, dass dieser Debüt-Roman ein gewisses Durchhaltevermögen vom Leser fordert. Dann aber (schleichend) steckt man mittendrin im Stettin der 30er Jahre.
Zum Inhalt: Greta führt ein behütetes Leben. Mit ihren Eltern und den zwei jüngeren Schwestern bewohnt sie ein Haus, sie arbeitet in einem Café und hilft außerdem ihrem Vater bei der Schafzucht.
Dann entdeckt die junge Frau das „Lieben“. Leider führt die sorglos ausgelebte Lust schnell zur Schwangerschaft und von Greta wird erwartet, dass sie den Vater des Kindes heiratet. Sie aber denkt gar nicht daran! Als Johannes eingezogen wird, ist ihr dies also nur recht ... Sie lebt ihr Leben (weiter). Ohne Mann, dafür unterstützt von der Familie: Einer (Groß-)Mutter, die das Kind aufzieht, und einem Vater, der Gretas Verhalten wortlos hinnimmt.
Entgegen anfänglicher Bedenken zieht diese Geschichte den Leser in ihren Bann. Wiebke Eden lässt vieles unausgesprochen und doch ist der Verlauf, das Geschehen ganz klar ... Kopfschüttelnd habe ich die geschriebenen (und ungeschriebenen) Zeilen gelesen, die Protagonistin Greta begleitet, ohne mir darüber im Klaren zu sein, ob ich sie überhaupt leiden kann. Greta ist lebenshungrig, manchmal gefühlskalt und selbstsüchtig. Trotzdem hatte ich Mitleid mit ihr in der einen oder anderen Szene – noch mehr habe ich jedoch ihre Mitmenschen bemitleidet, ihre Mutter, den Akkordeonspieler Johannes, allen voran natürlich Ellen, das Kind.
„Die Zeit der roten Früchte“ handelt von einer Familie, die kaum in der Lage ist, Gefühle zuzulassen. Gefühle zu zeigen. Es ist die Herzenswärme, die fehlt. Eine freundliche Umarmung, ein Tätscheln, ein flüchtiger Kuss ... Und doch ist sie da: Die Liebe zueinander. Tief verborgen im Herzen.
Ich möchte Greta rütteln. Ihr vor Augen führen, wie unmöglich sie sich verhält – und zugleich leide ich mit ihr, denn der Gedanke an die Zeit, in die Greta hineingeboren wurde, die Zeit, in der sie ihre Weiblichkeit und das Lieben für sich entdeckt, lässt mir das Herz schwer werden ...
In einer Kurzbeschreibung zu „Die Zeit der roten Früchte“ heißt es „Eine ergreifende Liebesgeschichte in den Wirren des Zweiten Weltkriegs ...“ – ich gebe zu, aus diesem Grunde hat mich das Buch interessiert, nun aber stelle ich mir die Frage, ob ich ein anderes in den Händen halte. „Die Zeit der roten Früchte“ ist keine Liebesgeschichte. Sie ist viel mehr ... wer Romantik sucht, wird nicht fündig. Im Vordergrund stehen ganz andere Dinge: Die Psyche, die Familie, der Krieg und das Leben.
Ich wiederhole die eingangs erwähnten Worte „Seltsam. Gewöhnungsbedürftig. Anders.“ und füge nun ein weiteres hinzu: Überzeugend.
Unter Anspannung habe ich das letzte Kapitel gelesen, vor Augen das vermeintliche Ende ... doch die Tränen blieben aus. Stattdessen machte sich das Gefühl der Unschlüssigkeit breit, zu konstruiert wirkten nämlich die letzten Geschehnisse auf mich. Sollte tatsächlich eine wahre Geschichte diesem Buch zugrunde liegen, so hoffe ich, dass auch das Ende der Realität entspricht ... ob ich daran glaube? Ich weiß es leider nicht.
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