Titanic.Passage_Nora Amelie, Wilhelm Friedel
Zum Cover:
Das Cover, in dunklen Blautönen gehalten, vermittelt für mich eine friedliche Stimmung, der beschauliche Sternenhimmel, die ruhige See, eine Nacht, wie man sie erträumt. Wenn man allerdings vom Schicksal der Titanic weiß, wirkt diese Ruhe gespenstisch. Das Meer scheint harmlos, vielleicht hat es davor aber schon die Titanic verschlungen?
Der ramponierte Schriftzug sieht wie auseinanderbrechende Eisschollen aus, was den Eindruck von bevorstehenden oder einer bereits eingetretenen Katastrophe andeuten könnte.
Zum Inhalt:
Vorweg: Wer hier eine klassische Herz-Schmerz-Geschichte im Stil der allseits bekannten Verfilmung erwartet, ist hier falsch. Wer aber an einer fantasievollen und trotzdem realistisch gehaltenen hochwertigen Lektüre interessiert ist, der sollte dranbleiben.
Das Buch besteht aus zwei großen Teilen. Im vorderen Abschnitt schreiben
Nora Amelie und Wilhelm Friedel als Alter Ego von zwei Menschen, deren Geschicke sich vor dem Hintergrund der Titanic-Katastrophe verknüpfen. Die zarte, sich anbahnende Liebesgeschichte wird in Form von fiktiven Tagebucheintragungen dezent erzählt – unabhängig voneinander, und zwar so geschickt, dass diese absolut authentisch wirken.
Während Nora Amelie eine selbstbewusste, selbstständige junge Frau ist, die sich nach Übersee aufmacht, um Pflanzen zu sammeln und zu fotografieren, ist Wilhelm Friedel besonders im technischen Bereich interessiert. Diese unterschiedlichen Interessen bringen geschickt eingebautes Wissen für den Leser, da die Lebensumstände und die Personen, die die beiden kennenlernen, harmonisch in die Story eingefügt wurden.
Im hinteren Abschnitt kann die Leserschaft das Making-Of mit nachvollziehen. Man erhält Einblick in den Entstehungsprozess. Die akribische Schilderung des Ablaufs, der Ideenfindung, der Umsetzung und des Marketings mit all seinen Schwierigkeiten, war interessant zu lesen, hat mir viele wissenswerte Details vermittelt und hat das Buch um neue Aspekte bereichert.
Getrennt werden die beiden Teile durch ein Personenregister, das die wesentlichsten Informationen zu allen im Buch auftretenden Charakteren enthält.
Eine besondere Note erhalten die Tagebucheintragungen nicht nur durch die unterschiedlichen Interessen der Protagonisten, sondern auch dadurch, dass nur Nora Amelie die Fahrt auf der Titanic antritt. So werden beide Sichtweisen – die der unmittelbar Betroffenen und die des ohnmächtig Wartenden – zu einem abwechslungsreichen Lesevergnügen. Dass hier die Katastrophe nicht ausgeschlachtet wurde, sondern der Schwerpunkt auf den Gedanken und Empfindungen von Nora und Wilhelm lag, ist hoch anzurechnen.
Der Epilog ist äußerst kurz, was irgendwie eigenartig wirkt, aber vermutlich so gewollt war.
Zum Stil:
Die beiden Autoren haben bewusst die Sprache der damaligen Zeit anzupassen, was den Eindruck der Authentizität verstärkt. Die abwechselnden Tagebucheinträge entsprechen auch dem Stil damaliger Schriftsteller, wie z.B. Bram Stoker, dessen Werk „Dracula“ ebenfalls in Tagebuchform geschrieben wurde.
Fazit:
Die Machart des Buches hat mich überzeugt, der gut recherchierte und klug aufgebaute Inhalt, unaufdringlich und zart sowie das Making-Of, das mir in dieser Form das erste Mal in einem Buch begegnet ist, machen es zu einem wahren Lesevergnügen.
Ich vergebe mit ruhigem Gewissen 5 von 5 Sternen.