Aus der Not, weil mich viele Bücher in letzter Zeit nicht überzeugt oder gar gelangweilt haben, greife ich gerade wieder zu Altbewährtem. Bewährt hat sich für mich immer Wilhelm Genazino, nicht nur weil er die Stadt zu Schreibanlässen nimmt, in der ich lange gelebt habe und bis heute arbeite, nicht nur weil er mal in einem meiner Seminare zu Gast war und sich als äußerst sympathischer Mensch zeigte, sondern vor allem, weil seine Beobachtungen prägnant und immer wieder faszinierend sind, seine Protagonisten mir nahestehen, weil in seinen Büchern oft Sätze aufblitzen, die ich mir notiere, weil Genazino am laufenden Band Ideen produziert, die ich anregend finde. Im vorliegenden Band beispielsweise übergibt der Protagonist Dinge und Gedanken an seine Freund:innen, damit sie diese für ihn aufbewahren und ihn später, sollte er vielleicht dem Vergessen anheimfallen, daran erinnern.
In einer Szene beobachtet der Erzähler, wie im Bahnhof jemand ein dümmliches Graffiti an die Wand schmiert. Er schreibt folgenden Satz daneben, den ich am liebsten unter mindestens 90 % aller Leserkommentare (nicht gegendert, weil nur Männer unter Logorhoe zu leiden scheinen, vorzugsweise auf Zeit online) setzen möchte: "Wer erlöst uns von der Selbstbegeisterung der Dummheit?"
Leseempfehlung!
Wilhelm Genazino
Lebenslauf
Alle Bücher von Wilhelm Genazino
Ein Regenschirm für diesen Tag
Die Liebesblödigkeit
Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman
Das Glück in glücksfernen Zeiten
Mittelmäßiges Heimweh
Wenn wir Tiere wären
Das Licht brennt ein Loch in den Tag
Abschaffel
Neue Rezensionen zu Wilhelm Genazino
Alltagsbeobachtungen, Eindrücke, Erinnerungen an Kindheit und Jugend in den Nachkriegsjahren, Fragmente. Ein Ausflug in Richtung Bergstraße, der Kellner beim Italiener, der immer um ein bisschen bescheißt, Helmuth, mit dem die Icherzählerin seit vielen Jahren zusammen ist, ohne eine Wohnung zu teilen, weil sonst der gemeinsame Alltag zu erbärmlich wäre.
Das ist präzise beschrieben. Manchmal denkt man sich, ja, die Assoziation trifft es auf den Punkt, und man freut sich, und dann sind da andere Eindrücke, die man nicht nachvollziehen kann und da schüttelt man in Gedanken etwas befremdet mit dem Kopf.
Was ergibt das im Ganzen? Ein schlüssiges Psychogramm? Für mich nicht. Ich frage mich auch, was Wilhelm Genazino getrieben haben mag, sich und seine Beobachtungen hinter der Fassade einer 44-jährigen Lehrerin zu verstecken. Seine Eindrücke sind so spezifisch nicht.
Freude an der exakten Sprache. Manchmal verständnisvolle Zustimmung. Und der Rest ein Fragezeichen.
Eine Sammlung von kleinen Zetteln, die er nach Beobachtungen beschrieben hat und Schreibnotizen für kommende Bücher, die er über Jahrzehnte geführt hat. Teilweise skurril und witzig , auch manchmal verworren und befremdlich. In jeden Fall eine interessante Auswahl nicht nur für Fans von Wilhelm Genazino.
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Zusätzliche Informationen
Wilhelm Genazino wurde am 21. Januar 1943 in Mannheim (Deutschland) geboren.
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