Cover des Buches Vergessene Schätze der englischen Literatur / Die Namenlosen (ISBN: 9783745051827)
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Rezension zu Vergessene Schätze der englischen Literatur / Die Namenlosen von Wilkie Collins

Große Erzählkunst!

von fasersprosse vor 7 Jahren

Rezension

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fasersprossevor 7 Jahren
England in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Autor führt uns in faszinierenden Beschreibungen zur frühen Morgenstunde in ein Haus und lässt die Bewohner nach und nach auftreten. Man befindet sich in einer liebevollen und lebhaften Familie in einer idyllischen Umgebung und nimmt einen eigenartigen Besucher eher als seltsame Unterbrechung wahr. Kurz darauf ist alles verloren.

Boshaften Intrigen und plichterfüllenden Täuschungen entwickeln sich zu einem Kampf der Giganten. Rachepläne aufgrund ungerechter Vorkommnisse bewirken Schmach und Skandale. Ehrwürdige Anwälte bestechen Bürogehilfen der Gegenanwälte. Großes Kino – in einer Zeit, in der man sich den gesellschaftlichen Normen beugen musste.

Ich habe selten ein Buch gelesen, dessen Handlung so genial konstruiert ist, wie dieses. Jede Kleinigkeit, jede Person, die in irgendeiner Stelle der Geschichte kurz eingeflossen ist, bekommt im Lauf der Handlung seine Bedeutung. Die Entwicklung der Figuren fand ich bemerkenswert. Die Auseinandersetzung der Hauptfigur – Magdalen - mit sich selbst hat mich nachhaltig beeindruckt.

Für mich war es ein Genuss den wortreichen Gesprächen und Beschreibungen zu folgen. Die Aufteilung in Szenen, Kapitel und Zwischenakte fand ich meisterhaft gelungen. Einen Teil der Geschichte erfährt der Leser aus Briefen. Von diesem Stilelement war ich ganz besonders angetan.

Collins schreibt über das mutige Verhalten einer Frau in der Mitte des 19. Jahrhunderts, aber er lässt sein Buch tugendhaft enden. Das hat mich ein wenig überrascht, denn die eine oder andere Gesellschaftskritik hat er sich in seinem Buch nicht nehmen lassen. Er hat die Möglichkeit nicht ergriffen, zwei Personen in ein neues Zeitalter zu transportieren. So wurde es ein „Ende gut – alles gut“.

Das Buch wurde 1862 geschrieben und in diesem Jahr von Sebastian Vogel neu übersetzt.

Ich spreche eine klare Leseempfehlung aus. Einen Bewertungspunkt ziehe ich wegen dem Ausgang der Geschichte ab. Dieser ist stimmig, aber für mich „zu schön“ - also reine Geschmackssache.
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