Rezension zu "Meine Sicht der Dinge" von Will Davis
Jarold hasst seinen Namen. Er befindet sich in der Hochphase seiner Pubertät. Dazu ist er schwul. Heutzutage kein wirkliches Problem mehr, oder? Nun für ihn selber nicht; eher für manchen in seinem Umfeld. Gerade an seiner Schule ergibt sich aus diesem Umstand nicht gerade ein Zuckerschlecken für ihn. Freaks gibt es dort weiß Gott genügend. Doch Jarold spart nicht mit Kraftausdrücken, diesen Minderbemittelten seine Verachtung auch entsprechend kund zu tun. Bezüglich der Gängeleien weiß er sich als Jungschwuler ganz schön wortgewandt (aber nicht nur) durchzusetzen. Was ihm zu seinem Glück noch fehlt, ist ein schwuler Lehrer, der ihm beständig Hilfe anbiedert und in seiner Haus- und Hof-Schwulendisco auch auf Beutefang aus ist.
Seine um ein Jahr jüngere Schwester durchlebt gerade ihre religiöse Phase. Man kann es sich schon denken: Das beißt sich mit Homosexualität. Seine Mutter gibt sich meist hysterisch und schreit wie besessen herum. Wie soll man solch einer Person überhaupt noch etwas recht machen können? Sein Vater ordnet sich ihr unterwürfig unter und ist nicht wirklich ernst zu nehmen. Aber, das ist seine Sicht der Dinge... dürfen wir nicht vergessen.
Die Oma wohnt seit dem Tod des Opas auch mit ihm Haus und möchte nur noch zweierlei: entweder bald sterben oder möglichst schnell weg in ein gemütliches Altersheim.
Mit 16 treibt Jarold sich bereits mit seiner besten Busenfreundin Al in einer Schwulendisco herum.
Dort lernt er auch den ultimativen Schwarm seiner Jugend kennen: Jon. Nun, irgendwie steht aber immer etwas im Wege und letztendlich muss er gemeinsam mit Al nach Brighton türmen, um zumindest dem Wohnkollegen von Al ordentlich näher zu kommen.....
Für mich von Beginn an ziemlich verwirrend war, dass die chronologische Reihenfolge ganz und gar nicht eingehalten wurde. Doch irgendwie unterstreicht dies ja auch die emotionale Achterbahnfahrt des jugendlichen Ich-Erzählers. Einige Male wird der Leser ziemlich unvermittelt und direkt angesprochen, was eine gewisse Nähe suggerieren möchte. Doch letztendlich kommt immer wieder die diesbezügliche Egalhaltung der Ich-Erzählers zum Tragen. So ist der letzte Satz des Buches bezüglich der 'Moral' der ganzen Geschichte bezeichnend: „Mir ist das eh scheißegal.“
Als hätte die Geschichte tatsächlich ein Teenager geschrieben, obgleich der Autor bereits Richtung Ende 20 war, als er die Sache verfasst hat. Ganz schön auf locker vom Hocker gemacht; aber mit ziemlichem Spaßfaktor einfach runter zu lesen.
Fazit: Dicke Mädchen können auch einen Freund finden!
Oder: Es besteht durchaus noch Hoffnung für schwule Männer über 40.
Was ich damit meine? Versteht man erst, wenn man das Buch bis zum Ende gelesen hat.