Die 1880er. Nach dem Tod seiner Eltern zieht der junge Jim Burden zu seinen Großeltern nach Nebraska, das in dieser Zeit die Front der Pioniere, das neu erschlossene Land verkörpert. Dörfer und Städte entstehen, Menschen, vor allem aus den europäischen Ländern, lassen sich in der Hoffnung nieder, den Amerikanischen Traum zu leben und sich eine bessere Existenz aufzubauen, als die alte Heimat sie bieten konnte. So auch die Familie Shimerda aus Böhmen, die sich in der Nachbarschaft der Farm der Burdens niederlässt. Jim ist schnell von der Familie angetan, besonders von der ältesten Tochter Antonia, einem wilden und lebensfrohen Mädchen, das stolz darauf ist, wie ein Mann bei der Farmarbeit mit anpacken zu können. Doch die Shimerdas tun sich schwer mit ihrer neuen Existenz, scheinen kein Bein auf den Boden zu kriegen, und nach dem Verlust des Vaters sieht Antonia sich gezwungen, in der Stadt eine Stellung als Haushaltshilfe anzunehmen, um Geld für ihre Familie dazuzuverdienen. Jim Burden, der mit seinen alternden Großeltern ebenfalls in die Stadt gezogen ist, um die Schule besuchen zu können, verlässt diese, als er alt genug ist, um auf die Universität zu gehen. Sein Lebensweg führt ihn immer seltener nach Nebraska zurück, aber er verfolgt den Lebenslauf Antonias, die nie aufgehört hat, ihn zu faszinieren, aus der Ferne. Bis er eines Tages, nach 20 Jahren Abwesenheit, doch noch einmal zurückkehrt, um Antonia wiederzusehen.
Den Namen der Pulitzerpreisträgerin (1923) Willa Cather hatte ich bis vor einigen Jahren noch nicht gehört. Doch dann begegnete er mir häufiger, in erster Linie in Quellen, die sich mit amerikanischer Literatur beschäftigen, und besonders zwei ihrer Romane tauchten immer wieder auf, „Death Comes for the Archbishop“ und eben „My Ántonia“. Dementsprechend stieg in mir der Wunsch, endlich einmal etwas von ihr zu lesen. Doch leider hat mich die Lektüre von „Meine Antonia“ nur wenig angesprochen. Willa Cather greift in diesem Buch auf ihr eigenen Kindheitserlebnisse zurück, viele der Figuren, auch Antonia Shimerda, sind eine Homage an wichtige Menschen dieser Lebensphase (sie selbst ist in dem Jungen Jim Burden zu finden). Sie zeichnet ein Bild des Lebens in Nebraska im späten 19. Jahrhundert, und vielleicht liegt es daran, dass der Funken bei mir nicht übergesprungen ist, und sie hier in Europa keinen so großen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Ihre Geschichte ist weder fremdartig genug, um neugierig zu machen, noch ist sie nah genug, um den Leser*innen hier die eigene Historie nahe zu bringen. Auch ein Spannungsbogen ist nicht wirklich gegeben. Die Lebenswege der Charaktere bleiben blass, die Tiefe ihrer Gefühle weitestgehend unberührt. Die auf dem Cover erwähnte ganz große Frauengestalt der amerikanischen Literatur habe ich in Antonia nicht gefunden.
Trotzdem wird das Buch allen, die sich eine realistische Beschreibung dieser Zeit und dieser Gegend wünschen, viel geben können. Denn den Leser*innen das Gefühl geben, dass sie vor Ort mit dabei sind, die Weite der Prärie, die Sonne und den Staub auf der Haut zu fühlen, das kann Willa Cather. Und damit hat sie für mich eine der wichtigsten Kriterien erfüllt, mir etwas mitgegeben, an das ich mich auch noch erinnern werde, wenn ich den Inhalt des Buches schon längst vergessen habe. Trotz aller Kritik ist für mich meine Reise mit Frau Cather noch nicht vorbei, ich werde bestimmt bald zu einem weiteren ihrer Roman greifen.