Ein topaktueller Roman über eine beklemmend realistische Zukunftsvision. Besonders positiv überrascht hat mich die sprachliche Qualität dieses Werkes, sowie dessen Tiefgründigkeit.

Diese Geschichte ist aus der Novelle "Das Unbegreifliche der Katzenwege“ entstanden, welche im gleichnamigem Erzählband erhältlich ist.

Teo, ein sympathischer junger Postbote aus einem abgelegenem Ort, macht sich auf den Weg in die Hauptstadt Sybaris, um zu klären, warum das Briefverteilungszentrum in seiner Provinz einfach geschlossen wurde. Er muss feststellen, dass in der Hauptstadt etliche neue Technologien Einzug gehalten haben, die das Briefeschreiben unnötig gemacht haben.

Willi Hetze zeichnet in diesem dystopischem Roman einen neuen Menschentypus, den "Schwärmer". Dies gelingt ihm beängstigend realitätsnah, da die Figuren sehr gut und detailliert ausgearbeitet sind. Der Leser lernt den Provinzjungen Teo kennen und reist mit ihm gemeinsam in die Stadt der Zukunft. Gemeinsam mit Teo fremdelt man stark angesichts der Hektik und Anonymität, welche dort herrschen. Gerade diese Erzählweise ermöglicht ein müheloses, staunendes Eintauchen in eine Welt, die bei näherem Hinsehen so realitätsfern nicht scheint...

Anfänglich ist Teo entsetzt über die Schnelllebigkeit der Menschen in Sybaris. Die "Schwärmer" verständigen sich über einen Funknerv in ihren Köpfen. Sie ziehen fast täglich um, Straßen und Haltestellen ändern sich ständig. Auch zwischenmenschliche Beziehungen finden zum großen Teil über den so genannten Schwarm statt und werden ebenso schnell wieder aus dem Gedächtnis gelöscht. Keiner wird mehr bei seinem Namen gerufen, wichtig ist nur noch die Funktion der Person.

Nach und nach sieht auch Teo die praktischen Vorteile eines Funknervs, so ist der Alltag in der Stadt ohne einen solchen praktisch nicht zu bewältigen. Doch nicht allen Informationen und Gerüchten, die ungefiltert im Datenstrudel umhertreiben, kann man trauen. Und dann bricht ein undurchschaubarer Krieg aus.

Man muss diesen grandios geschriebenen Roman als Spiegelbild unserer Gesellschaft und insbesondere unserer Abhängigkeit von den modernen Medien lesen. Wobei es hierbei kein Schwarz und Weiß gibt. Jeder muss sich selbst die Frage stellen: wieweit will ich der Technologie Zugriff auf meine privatesten Gedanken und Gefühle, oder auch nur Daten, gewähren?

Ein Buch, das mich wirklich überrascht und begeistert hat. Nie hätte ich damit gerechnet in einem Science-Fiction-Roman derart viele und aktuelle Themen in geschliffener, mitreißender Sprache zu finden. Absolut empfehlenswert!